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26.01.2017

Rede: Sozialkassenverfahren des Baugewerbes

Durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts ist die so genannte SOKA-BAU existentiell gefährdet. Mit gesetzlichen Regelungen wird jetzt der Erhalt gesichert. Auch wir Grünen wollen die Sozialkassen erhalten und haben deshalb zugestimmt. Denn nur so profitieren die Beschäftigten weiterhin von den wichtigen Leistungen – Zusatzrente, Urlaubsansprüche und insbesondere überbetriebliche Ausbildung.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt:

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Beate Müller-Gemmeke von Bündnis 90/Die Grünen.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Das Sozialkassenverfahrenssicherungsgesetz ist dringend notwendig, denn sonst wären die Sozialkassen in der Bauwirtschaft existenziell gefährdet. Die Beschäftigten und die Betriebe vertrauen auch darauf, dass die SOKA-BAU weiter existiert. Dabei geht es um so wichtige Leistungen – es wurde schon angesprochen – wie Zusatzrenten, Ausbildung und Urlaubsansprüche. Vor diesem Hintergrund beschließen wir heute über den Gesetzentwurf nach einem kurzen, aber aufgrund der öffentlichen Anhörung auch transparenten Verfahren. Wir beschließen es einstimmig, und das ist wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten      der CDU/CSU)

Gerade im Baugewerbe brauchen die Beschäftigten besondere Unterstützung. Wo sonst verhageln Unwetter ganze Arbeitstage? Wo sonst sorgen Wintereinbrüche für Baustopps und vorübergehende Arbeitsausfälle? Kaum eine andere Branche ist so von Wechsel und von saisonalen Schwankungen geprägt. Die Beschäftigten der Bauwirtschaft brauchen die SOKA-BAU. Aus diesem Grund unterstützen wir Grüne bei diesem Gesetzentwurf das schnelle Handeln der Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Solche gemeinsamen Einrichtungen funktionieren nur mit allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen, die für alle gelten, also auch für die nicht tarifgebundenen Betriebe. Das war in der Vergangenheit eine Selbstverständlichkeit. Das Bundesarbeitsgericht hat nun aber entschieden, dass die Tarifverträge rückwirkend nicht mehr als allgemeinverbindlich gelten. Das sorgt jetzt für erhebliche Rückzahlungsforderungen und Turbulenzen, und das bringt die SOKA-BAU massiv in Bedrängnis. Deswegen ist eine schnelle Lösung unbedingt erforderlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die Gründe für das Urteil sind rein formaler Natur; das wurde schon kurz angesprochen. Die Richter beziehen sich zum einen auf das damals noch gültige Quorum von 50 Prozent. Zum anderen bemängeln sie, dass die damaligen Bundesminister sich nicht persönlich um die Allgemeinverbindlicherklärung gekümmert haben. Das öffentliche Interesse – und das ist wichtig – das öffentliche Interesse an den für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen wurde aber nicht infrage gestellt; es wurde vielmehr bestätigt. Deshalb war die Bundesregierung in der Pflicht, zu handeln.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Regelungen der Tarifverträge werden jetzt rückwirkend für alle Arbeitgeber gesetzlich angeordnet. Materiell bleibt alles beim Alten. Das Gesetz übernimmt den Anwendungsbereich der Tarifverträge. Es wird formal eine Rechtsgrundlage für das Sozialkassenverfahren geschaffen. Das unterstützen wir.

Während der Beratung – das wurde schon angesprochen – gab es auch lautstarke Kritik am Sozialkassenverfahren. Dabei ging es um Inhalte, Fristen und Abgrenzungen, also um die materielle Ausgestaltung. Hier muss neuverhandelt, nachverhandelt werden. Es wäre gut, wenn der alte Streit endlich begraben würde. Dafür gibt es die Vereinbarung, die schon genannt wurde. Aber schlussendlich ist das nicht Sache der Politik, sondern Sache der Sozialpartner.

Für uns war bei der ganzen Debatte vor allem entscheidend, dass das Sicherungsgesetz verfassungskonform ausgestaltet ist. Deshalb wollten wir auch eine Sachverständigenanhörung im Ausschuss. Dort waren alle Rechtswissenschaftler einhellig der Meinung: Das Gesetz verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben. – Niemand – wir haben extra nachgefragt – konnte uns eine andere gesetzliche Alternative aufzeigen.

Vor diesem Hintergrund werden auch wir dem Gesetzentwurf heute zustimmen; denn von der SOKA-BAU profitieren einfach extrem viele Beschäftigte – die Zahlen wurden genannt – und viele Betriebe. Vor allem profitieren mehr als 35 000 junge Menschen von der überbetrieblichen Ausbildung. Der Erhalt der gemeinsamen Einrichtungen im Baugewerbe ist also politisch geboten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten      der CDU/CSU)

Rede: Sozialkassenverfahren