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22.05.2017

Schnelle Vermittlung in Leiharbeit

Anfang 2013 räumte der damalige Vorsitzende des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit, Dr. Frank-Jürgen Weise, „Fehlentwicklungen“ bei der Vermittlung in Leiharbeit ein. Die sollten korrigiert werden. Künftig muss mehr auf Qualität und Nachhaltigkeit der Vermittlung geachtet werden, hieß damals die Devise. Seit 2013 stelle ich alljährlich eine Kleine Anfrage und frage die Vermittlungszahlen ab. Die neuen Zahlen zeigen, dass sich nicht viel verändert hat. Und das kritisiere ich.

Die Auswahl bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) ist nicht sonderlich groß. Genau ein Drittel (33 %) all ihrer Vermittlungen führt Arbeitslose in die Leiharbeit – 2013 waren es 35 Prozent. Die BA vermittelt also nach wie vor in großem Stil in die Leiharbeit. Und das, obwohl bekannt ist, dass fast die Hälfte aller Leiharbeitskräfte maximal drei Monate lang beschäftigt werden. Danach stehen sie wieder vor den Türen der Arbeitsagentur. Die Arbeitsagentur sollte eigentlich in dauerhafte Arbeit vermitteln. In der Praxis propagiert sie aber nach wie vor die Leiharbeit und setzt damit auf schnelle Vermittlung. Das kritisiere ich.

Zwei Drittel der Erwerbslosen, die von der BA in Leiharbeit vermittelt wurden, hatten zuvor Arbeitslosengeld I bezogen. Sie kommen also aus dem ersten Arbeitsmarkt und hatten zuvor mindestens ein Jahr lang eine Arbeitsstelle. Nur ein Drittel der vermittelten Arbeitslosen hat zuvor Arbeitslosengeld II bezogen. Gleichzeitig haben 57 Prozent aller Leiharbeitskräfte einen anerkannten Berufsabschluss. Acht Prozent haben sogar eine akademische Ausbildung. Ein knappes Viertel (24 %) aller Leiharbeitskräfte hat keine Berufsausbildung. Leiharbeitskräfte sind in ihrer großen Mehrheit also gut qualifizierte Arbeitskräfte. Es ist also ein Märchen, dass Leiharbeitskräfte schlechter qualifiziert sind. Zwei Drittel der Leiharbeitskräfte haben eine gute Ausbildung oder sogar ein Studium absolviert. Das zeigt, Leiharbeit verrichten nicht nur Menschen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt keine Chance haben. Diese Menschen bekommen einfach keine Chance. Und das ist nicht akzeptabel!

Die gute Qualifikation der meisten Leiharbeitskräfte verhilft jedoch nicht zu einem angemessenen Erwerbseinkommen. Erstmals lieferte die Bundesregierung in diesem Jahr konkrete Zahlen zu den Verdienstmöglichkeiten in der Leiharbeit. Leiharbeitskräfte verdienen im Schnitt 42 Prozent weniger als ihre fest angestellten Kolleginnen und Kollegen. Denn das Medianeinkommen in der Leiharbeit lag 2015 bei 1799 Euro, in der Gesamtwirtschaft lag es bei 3084 Euro. Egal welche Qualifikation Leiharbeitskräfte haben, im Schnitt verdienen sie rund 1000 Euro weniger als regulär Beschäftigte. Die Unterschiede bei den Löhnen sind gravierend hoch. Das ist nicht gerecht. Deshalb wollen wir gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Die Leiharbeitskräfte müssen genauso bezahlt werden, wie die Stammbelegschaft und sogar noch einen zusätzlichen Bonus erhalten.

Arbeitsformen wie die Leiharbeit tragen dazu bei, dass es ungerecht auf dem deutschen Arbeitsmarkt zugeht. Denn egal, ob jemand als Helfer in der Leiharbeit tätig ist oder als Fachkraft, beide verdienen immer weniger als diejenigen, die regulär beschäftigt sind. Gleichzeitig ist die Dauer der Beschäftigung für die meisten Leiharbeitskräfte viel zu gering. Die Bundesanstalt für Arbeit wollte hier Fehlentwicklungen korrigieren und dafür sorgen, dass Erwerbslose dauerhaft in Arbeit kommen. Die neuen Zahlen zeigen, die BA hat ihre Hausaufgaben immer noch nicht gemacht.

 

Antwort: Vermittlung in Leiharbeit

Bewertung: Vermittlung in Leiharbeit

Artikel Stuttgarter Zeitung: Jeder Dritte wird in Zeitarbeit vermittelt