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08.05.2017

Tarifbindung nimmt weiter ab: Nahles‘ Reform ist gescheitert

Arbeitsministerin Andrea Nahles hatte angekündigt, die Tarifflucht von Unternehmen zu stoppen. Seit 2015 gilt ihr Gesetz zur Stärkung der Tarifbindung. Ich habe beim Ministerium nachgefragt, wie sich dieses Gesetz auswirkt. Die Antwort ist mehr als ernüchternd: die Zahl der allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge ist sogar noch weiter gesunken. Das ist ein herber Fehlschlag.

Immer weniger Unternehmen bezahlen nach Tarif. Daran hat auch das Gesetz der Bundesregierung nichts geändert. Die Antwort der Bundesregierung zeigt, dass die Zahl der allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge trotz einer Vereinfachung des Verfahrens sogar um ca. 11% zurückgegangen ist. Bei den branchenspezifischen Mindestlöhnen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz sind nur solche Tarifverträge neu allgemeinverbindlich erklärt worden, die zeitweise unter dem gesetzlichen Mindestlohn lagen.

Ministerin Nahles wollte das Verfahren erleichtern, damit mehr Tarifverträge für alle Betriebe einer Branche gelten. Damit ist sie komplett gescheitert. Die weißen Flecken des Tarifsystems werden deshalb immer größer und das ist nicht akzeptabel. Die wichtigste Ursache für die sinkende Anzahl ist die Veto-Option der Arbeitgeber in den sogenannten Tarifausschüssen (auf Bundes- und auf Landesebene). Wir fordern schon lange, dass es die Veto-Option der Spitzenverbände im Tarifausschuss nicht mehr geben darf. Nur so lässt sich die Erosion der Tarifbindung stoppen. Die Ministerin aber ignoriert das Problem und das geht zulasten der Beschäftigten.

Artikel Süddeutsche Zeitung