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11.03.2014

Tarifeinheit: Kein Eingriff in die Grundrechte

Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, warnt davor, den Grundsatz der Tarifeinheit – „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gesetzlich zu verankern. Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte sieht dies ebenfalls skeptisch. Sie fordert die Gewerkschaften auf, miteinander zu kooperieren und die Bundesregierung, von einer gesetzlichen Normierung der Tarifeinheit abzusehen.

Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Ingrid Schmidt, warnt davor, den Grundsatz der Tarifeinheit – „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ gesetzlich zu verankern. Dazu erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte.

Eine gesetzliche Tarifeinheit wäre ein erheblicher Eingriff in die Koalitionsfreiheit und damit auch ins Streikrecht. Mit dieser geplanten parlamentarischen Initiative bewegt sich die Bundesregierung verfassungsrechtlich auf sehr dünnem Eis.

Knapp vier Jahre nachdem das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz der Tarifeinheit gekippt hat, sind keine gravierenden negativen Folgen sichtbar. In dieser Zeit sind weder neue tariffähige Berufsgewerkschaften entstanden, noch haben sich die jährlichen Streiktage in Deutschland erhöht. Die Gewerkschaften gehen verantwortlich mit dem Streikrecht um und es bestehen zudem funktionierende gerichtliche Kontrollmechanismen, durch die unverhältnismäßige Streiks unterbunden werden.

Vor diesem Hintergrund sind Eingriffe in das Streikrecht und in das verfassungsrechtlich garantierte Grundrecht der Koalitionsfreiheit nicht nur der falsche Weg, sondern auch nicht notwendig. Die Koalitionsfreiheit ist ein Freiheitsrecht, ein Grundrecht und zugleich ein wesentlicher Grundpfeiler des Minderheitenschutzes. Alle Beschäftigten und Berufsgruppen müssen auch weiterhin die Möglichkeit haben, sich zu organisieren und für gute Arbeitsbedingungen einzustehen.

Hintergrund:
Das Bundesarbeitsgericht hatte im Juni 2010 den Grundsatz „ein Betrieb – ein Tarifvertrag“ revidiert. Damit können in einem Betrieb mehrere Tarifverträge nebeneinander Gültigkeit haben.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hatten sich in Reaktion auf das Urteil für eine gesetzlich normierte Tarifeinheit ausgesprochen. Die darauf folgende politische Diskussion führte jedoch zu keiner parlamentarischen Initiative der schwarz-gelben Bundesregierung. Nach internen Diskussionen hat auch der DGB beschlossen, die gemeinsame Initiative mit den Arbeitgebern nicht weiterzuverfolgen. Die BDA fordert aber nach wie vor eine gesetzliche Normierung der Tarifeinheit.
Die neue schwarz-rote Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag für eine gesetzliche Normierung der Tarifeinheit ausgesprochen. Laut Arbeitsplanung der neuen Bundesregierung ist im zweiten Halbjahr 2014 mit einer parlamentarischen Initiative zu rechnen. Dies bereitet insbesondere den Berufsgewerkschaften, wie z.B. dem Marburger Bund oder der Gewerkschaft der Lockführer (GDL) große Sorgen, da durch ein Gesetz ihre Handlungsautonomie erheblich eingeschränkt würde.

 

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