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23.01.2017

„Wir müssen reden – zuhören und verändern“

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Wir Grünen wollen das Petitionsrecht reformieren. Denn das kann noch transparenter und bürgerfreundlicher werden, als es heute ist. Das Grundgesetz schreibt fest, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland das Recht haben, Petitionen an den Bundestag zu stellen und damit gehört zu werden. Doch ist das Petitionsrecht, so wie es heute existiert, attraktiv? Ist es transparent genug? Sind die Schwellen so niedrig, dass sich wirklich jeder Mensch an den Bundestag wenden kann? All diese Fragen haben wir uns in einem Fachgespräch gestellt und lebhaft mit Expertinnen und Experten diskutiert.

Es ist inzwischen mehr als zehn Jahre her, dass unter der damals rot-grünen Bundesregierung das Petitionsrecht transparenter gemacht wurde. Heute gibt es öffentliche Petitionen, die online unterstützt werden können. Werden diese Petitionen von mindestens 50.000 Menschen unterzeichnet, findet in der Regel eine öffentliche Anhörung im Petitionsausschuss zum Thema statt.

Doch reicht diese Reform heute noch aus. Im Internet boomen Petitionsplattformen. Selbst die sogenannte neue Rechte hat inzwischen zwei Plattformen im Internet gestartet, auf denen sie Stimmen sammelt und Stimmung macht. So wurden beispielsweise Unterstützer für ein Scharia-Verbot in Deutschland gesammelt, erläuterte die Netzaktivistin Katharina Nocun. Absurd – etwas verbieten zu wollen, was in unserer Gesellschaft gar nicht existiert und nie existieren wird. Nocun war überzeugt davon, dass es viel Sinn macht, das Petitionsrecht zu öffnen und transparenter zu gestalten.  Auch so könne den Rechten das Wasser abgegraben werden.

Petitionen sind ein Sensorium. Durch sie erfährt die Politik aus erster Hand, welche Sorgen und Nöte die Menschen haben und wie Verordnungen oder Gesetze wirken. Diese Aufgabe von Petitionen unterstrich der Sozialwissenschaftler Prof. Michael Opielka. In der Diskussion dämpfte er aber auch allzu hohe Erwartungen an die Wirkung von Petitionen. Denn Politik ist eben ein Vorgang des Aushandelns und der Kompromisse. Und in solchen Verhandlungen gehört Ablehnung ganz einfach zum Geschäft dazu. Genau wie andererseits ab und zu Erfolge dazugehören. Das erfahre auch ich tagtäglich in der politischen Arbeit. So funktioniert unsere Demokratie.

Trotzdem geben Petitionen jedem Menschen die Möglichkeit mitzumischen und der Politik Denkanstöße zu geben. Da reicht schon ein handgeschriebener Zettel, der als Petition eingereicht wird. Doch was passiert anschließend mit diesem Zettel? Hier wollen wir das Petitionswesen transparenter machen. Wie das technisch gehen könnte, indem Bundestagspetitionen auf verschiedensten Websites eingestellt werden könnten, erläuterte Matthias Trénel, Geschäftsführer von Zebralog, einer Agentur für crossmediale Bürgerbeteiligung.

Bisher wird nur ein sehr kleiner Teil der eingereichten Petitionen online ins Internet des Bundestages eingestellt und kann dann öffentlich mitgezeichnet werden. Das muss sich ändern, befand Ulrich Riehm vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS). Er präsentierte einen Acht-Punkte-Katalog für eine Reform des Petitionsrechts und plädierte u.a. dafür, dass alle Petitionen öffentlich sein sollten – allerdings nur, wenn die Petent_innen damit einverstanden sind.