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26.05.2011

Rede: Kontrolle der Leiharbeit verbessern



Drei Anläufe hat die Bundesregierung gebraucht, bis die Reform der Leiharbeit beschlossen war. Heute wurde die Ausgestaltung der Kontrolle der Lohnuntergrenze und der „Drehtürklausel“ beschlossen. Wir begrüßen, dass die Lohnuntergrenze von der Finanzkontrolle Schwarzarbeit kontrolliert wird. Kritisch sehen wir aber, dass die „Drehtürklausel“ bei der Bundesagentur für Arbeit angesiedelt wird. Deshalb haben wir uns heute enthalten und einen Entschließungsantrag zur Abstimmung gestellt. Insgesamt bleibt die Reform der Leiharbeit halbherzig und sie reicht bei weitem nicht aus.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Die nächste Rednerin ist die Kollegin Beate Müller-Gemmeke vom Bündnis 90/Die Grünen.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Kollegin Connemann, im Gegensatz zu Ihnen werde ich jetzt zu dem Gesetzentwurf reden. Wir begrüßen, dass die Kontrolle der Lohnuntergrenze in der Leiharbeitsbranche bei den Behörden der Zollverwaltung angesiedelt wird. Das gewährleistet, dass die Lohnuntergrenze effektiv und vor allem professionell kontrolliert wird – zumindest theoretisch. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit muss aber immer mehr Mindestlöhne kontrollieren, und auch die Zahl der Leiharbeitskräfte ist wesentlich höher, als im Gesetzentwurf angegeben. Wir fordern eine realistische Personalaufstockung, damit die Theorie auch zur Praxis wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man den Schutz der Beschäftigten wirklich ernst nimmt, dann sind wirkungsvolle Kontrollen der Lohnuntergrenze spätestens seit der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit keine Lappalie, sondern elementar wichtig.

Überhaupt nicht einverstanden sind wir aber mit der Ausgestaltung der Kontrollen der sogenannten Drehtürklausel. Nach dem großen Schlecker-Skandal haben Sie, die Regierungsfraktionen, mit großem medialen Aufwand diese Drehtürklausel auf den Weg gebracht. Wenigstens die Leiharbeitskräfte, die zuvor beim Entleihbetrieb regulär angestellt waren, sollen nun Equal Pay erhalten. Das ist eh schon eine dürftige Regulierung. Umso wichtiger wären wirkungsvolle Kontrollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit diesem Gesetzentwurf übertragen Sie aber die Kontrolle auf die Bundesagentur für Arbeit und eben nicht auf die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, wie übrigens von der BA selbst angeregt wurde. Damit bleibt die Regelung in der Praxis ein zahnloser Tiger. Die Bundesagentur für Arbeit ist nicht gerade für besonders wirkungsvolle Kontrollen bekannt. Sie kann nicht gezielt kontrollieren; es fehlen ihr auch Ermittlungsbefugnisse. Anders sieht es bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit aus, die jederzeit Betriebsstätten betreten darf und auch Personen befragen kann. Der Schutz von Leiharbeitskräften und echte Regulierungsbemühungen sehen also anders aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir sehen bei der Bundesagentur für Arbeit auch einen Zielkonflikt. Einerseits soll sie die Leiharbeit kontrollieren. Andererseits ist sie wegen ihrer Vermittlungstätigkeit auf ein gutes Verhältnis zu den Leiharbeitsunternehmen angewiesen. Das widerspricht sich. Wir finden das äußerst problematisch.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern in unserem Entschließungsantrag, dass alle Kontrollen auf die Finanzkontrolle Schwarzarbeit übertragen werden. Unter dem Strich werden durch den Gesetzentwurf an manchen Stellen effektive Kontrollen verhindert. Deswegen werden wir uns bei der Abstimmung enthalten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich vermute, dass die Regierungsfraktionen die Reform der Leiharbeit mit der heutigen Abstimmung als abgeschlossen ansehen. Ich kann nur sagen: Sie, die Regierungsfraktionen, haben sich lediglich von der öffentlichen Empörung über den Schlecker-Skandal treiben lassen und kosmetische Korrekturen vorgenommen. Das Ergebnis der sogenannten Reform ist deshalb halbherzig und reicht bei weitem nicht aus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir Grüne bleiben nicht wie Sie auf halbem Wege stehen. Die Lohnuntergrenze ist uns zu wenig; denn verbessert wird nicht die Situation der Leiharbeitskräfte. Wir fordern weiterhin gleichen Lohn für gleiche Arbeit, einen Bonus in Höhe von 10 Prozent, die Wiedereinführung des Synchronisationsverbotes und mehr Rechte für Betriebsräte. Ich kann Ihnen versichern: Wir werden nicht lockerlassen; denn Leiharbeitskräfte haben ein Recht auf faire Entlohnung und ein Mindestmaß an Sicherheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Eine verantwortliche Arbeitsmarktpolitik muss die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern und Zukunftschancen eröffnen. Daran orientiert sich grüne Politik.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Entschließungsantrag zum Thema.