Inhalt

30.07.2020

Albtour 2020 - Tag 8

20-07-30_BM_Kenntner_Tag8 20-07-30_Hopfenburg_1_Tag8 20-07-30_Hopfenburg_2_Tag8 20-07-30_Hopfenburg_3_Tag8 20-07-30_Alb_Tag8 20-07-30_Franzi_Tag8
<
>

Der achte Tag meiner Albtour begann kommunalpolitisch: In Mehrstetten trafen wir die Bürgermeisterin der Gemeinde, Franziska Kenntner, und erfuhren so einiges über den guten Zusammenhalt im Dorf. Auf der Hopfenburg ließen wir es uns bei Salat, Spätzle und Fleisch gutgehen. Anschließend erzählte Andreas Hartmaier, wie es dem ehemaligen Hofgut in Corona-Zeiten ergangen ist. Und am Nachmittag schauten wir noch kurz bei Franzi Schullers Nähativ in Münsingen vorbei und bestaunten ihr neues Selbstbedienungs-Käschtle. Zum Abschluss gab es noch einen intensiven Austausch mit dem Chef von Reutter Immobilien.

Ein Dorf mit Zusammenhalt macht so einiges möglich. Und ein Dorf, das darüber hinaus noch sehr an der Politik der eigenen Gemeinde interessiert ist, erst recht. Eine Besonderheit von Mehrstetten ist, dass zu den Gemeindesitzungen immer rund zehn bis 15 interessierte Besucher*innen kommen. Und die mischen sich auch ein, erzählt Franziska Kenntner, die 35-jährige Bürgermeisterin des Ortes. Kenntners Gemeinde hat viele junge, aber auch ältere Menschen. Ein zweiter Kindergarten wurde inzwischen gebaut. Die Grundschule muss bis 2024 erweitert werden, denn dann wird sie statt vier, sechs Klassen haben. Mehrstetten, mit seinen 1450 Einwohner*innen, hat vor vielen Jahren seine Mitte verloren – und die will Kenntner jetzt wieder herstellen. Mit einem Ideenwettbewerb unter dem Motto „Mehr Leben mittendrin“ diskutierten die Mehrstetter*innen drei Tage lang, wie sie sich ihr Leben rund um ihren Marktplatz künftig vorstellen. 300 Dorfbewohner*innen beteiligten sich. Sie wünschten sich einen Marktplatz, auf dem es sich leben lässt, wo gemeinsames wohnen, backen, spielen und auch feiern möglich ist.

Die Hopfenburg hat Corona bisher überlebt. Das sagt zumindest Andreas Hartmaier. Der Münsinger Architekt entwickelte das alternative Camping- und Urlaubskonzept auf dem Gelände eines ehemaligen Hofguts. Wer hierherkommt, lebt in Tippi, Zirkuswagen oder neuerdings auch Tiny-House – oder bringt das eigene Zelt mit und macht einen entspannten Urlaub mit Kind und Kegel. Corona machte diesem Konzept für zwei Monate den Garaus. Im März und April stand alles still, Pacht und Tilgung wurden auf Null gesetzt, die Fahrzeuge blieben im Schuppen – nur die Mitarbeiter*innen, die hatten das Nachsehen. „Sie mussten das größte Opfer bringen“,  sagt Hartmaier, denn sie mussten alle in Kurzarbeit. Da auf der Hopfenburg viele Teilzeitkräfte schaffen  und viele von ihnen als Putzkräfte oder Gärtner nicht das allermeiste verdienen, war das schon eine harte Zeit für sie. Und besonders hart war es für alle Minijobber*innen. Denn sie zahlen keine Sozialversicherungsbeiträge und haben daher auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Inzwischen sind die meisten der insgesamt 50 fest Beschäftigten wieder in Brot und Lohn. Hinzu kommen elf Beschäftigte mit Behinderungen, die über die Samariterstiftung zur Hopfenburg kommen. Sie arbeiten zumeist als Putzkräfte, in der Küche und im Service und zwei junge Männer sind in der Schreinerei. Im Restaurant treffe ich Pauline, die zu den elf gehört. Sie hat mir im vergangenen Jahr in der Werkstatt an der Schanz der Samariterstiftung in Münsingen gezeigt, wie man Kässpätzle macht. Als ich ihr das erzähle, freut sich Pauline und ist stolz. Und das kann sie auch sein, sie erzählt mir nämlich, dass sie aus dem Wohnheim ausgezogen ist. Und jetzt mit zwei Freundinnen in einer WG lebt. Das ist toll.

Am Nachmittag fahren wir für eine kurze Stippvisite noch bei Franzi Schuller und ihrem Atelier Nähativ in Münsingen vorbei. Franzi hat uns für unsere diesjährige Albtour ganz tolle Masken mit „Grüne Albtour“ bestickt, so dass wir überall erkannt werden. Vor ihrem Atelier steht seit Pfingsten ein Selbstbedienungs-Käschtle, in dem sie ihre Stickereien zum Verkauf präsentiert. Da gibt es bestickte Schürzen und Taschen, Schlüsselanhänger mit der Aufschrift „Da is er ja …“ oder passend zum nahenden Schulanfang kunterbunte Schultüten aus Stoff, die zunächst mit Süßigkeiten gefüllt werden – und später in ein Kuschelkissen verwandelt werden können. Wer Franzis tolle Stickereien bewundern will, sollte mal in der Mehrstetter Strasse 8 vorbeischauen oder einfach im Internet.

In Münsingen dann wollte Uwe Reutter mit mir über die Realitäten und Probleme im Immobiliengeschäft reden. Wir haben im Gespräch eine lange Liste an Themen besprochen: Reutter plädiert beispielsweise dafür, dass es Zulassungsbeschränkungen geben muss. Denn heute können alle einfach ins Immobiliengeschäft einsteigen. Das gebe ich ihm vollkommen Recht. Weiter ging es über Provisionen, Wohnungsgemeinnützigkeit, Mietpreisbremse und viele andere Aspekte rund um das Thema Wohnen. Es war ein interessanter Austausch.

Anschließend ist Zeit für unseren Umzug. Denn ab heute Abend wohnen wir noch für drei Tage in Münsingen im Hotel Herrmann. Der Endspurt meiner Albtour beginnt.