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10.06.2010

Bagatellkündigungen: Abmahnpflicht einführen, Rechte der Beschäftigten stärken

In einer Pressereaktion drückte Beate Müller-Gemmeke ihre Freude über das Urteil des Bundesarbeitsgerichts im Fall Emmely aus. Das Gericht hatte entschieden, dass die Kündigung einer Berliner Kassiererin wegen der Unterschlagung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro unwirksam ist. Müller-Gemmeke fordert eine Gesetzesänderung, um die Beschäftigten vor Kündigungen wegen Bagatelledelikten zu schützen und verweist auf einen entsprechend von ihr eingebrachten Antrag.

Das Urteil bestätigt mich in der Ansicht, dass die Rechte der Beschäftigten endlich gestärkt werden müssen. Bei Bagatellkündigungen handelt es sich für die Arbeitgebenden nur um Bagatellbeträge, für die Beschäftigten hingegen geht es um ihre wirtschaftliche Existenz. Der Gesetzgeber muss hier durch die Einführung einer Pflicht zur Abmahnung Klarheit und größere Rechtssicherheit schaffen. Dies fordern wir auch in unserem Antrag, den wir heute in den Bundestag eingebracht haben.

Häufig wird vergessen, dass ein rechtswidriges Verhalten von Seiten der Beschäftigten gerade bei Bagatellen aufgrund von Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit zustande kommen kann. Meist ist den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gar nicht bewusst, dass sie durch solch ein vermeintliches Fehlverhalten ihr Arbeitsverhältnis aufs Spiel setzen. Eine Abmahnung schafft vorab Klarheit, was erlaubt ist und was nicht.

Die Annahme „absoluter Korrektheit“ von Arbeitnehmern ist wirklichkeitsfremd – denn Beschäftigte sind keine Maschinen und auch keine „Leibeigenen“. Auch die Unterstellung eines generellen gegenseitigen Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitgebenden und Beschäftigten ist zweifelhaft. Das zeigt die Tendenz, Arbeitnehmer innerhalb des rechtlich zulässigen Rahmens soweit als möglich durch Videoüberwachung zu kontrollieren sowie die viel zu große Zahl unrechtmäßiger Verstößen gegen den Datenschutz der Beschäftigten.

Kleinstvergehen stellen also per se noch keinen Vertrauensbruch dar. Es drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass Arbeitgeber geringfügige Vergehen als Grund heranziehen, Beschäftigte trotz Kündigungsschutzes loszuwerden. Der Gesetzgeber ist hier gefordert, Klarheit zu schaffen. So kann die derzeit verschobene Balance zwischen den Interessen der Arbeitgebenden und der Beschäftigten wieder hergestellt werden.