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12.02.2016

„Berliner Stunde“ zur Flüchtlingspolitik

16-02-12_Münsingen-1

Der Ortsverband Mittlere Alb von Bündnis 90/Die Grünen hatte mich zu einer „Berliner Stunde“ in die Begegnungsstätte Germania in Münsingen eingeladen. Im Mittelpunkt stand die Flüchtlingspolitik. Es war eine spannende Diskussion an diesem Abend.

Diskutiert wurde anfangs das Asylpaket II der Großen Koalition, das derzeit im Bundestag beraten wird. Die Integration der Geflüchteten ist eine besondere Herausforderung und gleichzeitig gilt es, für unsere freiheitliche Demokratie einzustehen. Das Asylpaket der Bundesregierung hingegen geht erneut in Richtung Abschottung. Vor allem das Aussetzen des Familiennachzugs ist menschenverachtend und auch kontraproduktiv. So werden Frauen und Kinder in die unsicheren Schlauchboote über das Mittelmeer und in die Hände der Schlepper gedrängt. Allein die Androhung, den Familiennachzug zu stoppen, hat dazu geführt, dass inzwischen mehrheitlich Frauen und Kinder auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa unterwegs sind. Außerdem erschwert ein Leben ohne Familie die Integration.

Kritisch sehe ich auch die geplanten besonderen Aufnahmeeinrichtungen mit Schnellverfahren und Residenzpflicht, denn in Schnellverfahren bleibt die Rechtsstaatlichkeit auf der Strecke. Die geplante Eigenbeteiligung bei Integrationskursen ist meiner Meinung nach verfassungswidrig, denn das Existenzminimum ist für alle Menschen in Deutschland gleich. Statt Symbolpolitik zu betreiben wie die Große Koalition, muss Deutschland endlich die Fluchtursachen bekämpfen, die UN-Flüchtlingslager ausreichend finanzieren und eine europäische Lösung finden. Vor allem ist es für mich nicht nachvollziehbar, welche Widerstände die derzeitigen zwei Millionen Geflüchtete bei den rund 500 Millionen EU-Einwohnern erzeugen.

Sorge bereitet mir auch die starke Polarisierung und die rechtspopulistischen Tendenzen bei der Flüchtlingspolitik. Auch die vielen Gerüchte sind beunruhigend, die immer weiter gestreut werden, auch wenn sie von der Polizei widerlegt werden. Wenn Rechtsstaatlichkeit fundamental bezweifelt wird, dann müssen wir dem klar widersprechen.

Vor allem lenken die ständigen Asylpakete von den eigentlichen Aufgaben ab. Notwendig wäre endlich ein Integrationskonzept im Bund. Um die große Aufgabe zu koordinieren, wäre auch auf Bundesebene ein Migrations- und Integrationsministerium sinnvoll – wie es in Baden-Württemberg bereits existiert. Die Asylverfahren müssen endlich beschleunigt werden. Notwendig sind vor allem eine Bildungsoffensive und Integrationsangebote auf dem Arbeitsmarkt und zwar für alle, auch für Langzeitarbeitslose. Wenn die Integration gelingt, wirkt die Aufnahme von Flüchtlingen wie ein Konjunkturprogramm. Ein Besucher der Veranstaltung brachte diese Chance auf den Punkt: „Geflüchtete tragen ihr Geld nicht in die Schweiz.“

Nach meinen Ausführungen ergab sich eine fruchtbare und interessante Diskussion, so dass aus der „Berliner Stunde“ eine Doppelstunde wurde. Als Dankeschön für mein Kommen übergab mit Timo Heimberger, der Sprecher des Ortsverbands Mittlere Alb, abschließend „ein kulinarisches Beispiel für gelungene Integration“ – ein Päckchen Alblinsen.