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21.01.2016

»Direkt und deutlich gemeldet«

In einem Leserbrief wurde behauptet, die grünen Frontfrauen hätten sich nach den Übergriffen auf Frauen in Köln nicht zu Wort gemeldet. Das konnte ich so nicht stehen lassen. Natürlich haben sich gerade die grünen Frauen zu Wort gemeldet, aber ohne zu pauschalisieren. Und das ist richtig! Das habe ich in einem Leserbrief verdeutlicht.

„Wo bleiben die grünen Frontfrauen?“, monierte eine Leserin dieser Zeitung und unterstellte, die Frontfrauen hätten angesichts der sexualisierten Gewalt in der Silvesternacht in Köln geschwiegen. Ich weiß nicht, welche Medien die Leserin nutzt, denn alle drei grünen „Frontfrauen“ haben sich unmittelbar nach Bekanntwerden direkt und deutlich zu Wort gemeldet.

Claudia Roth etwa sagte der Zeitung „Die Welt“ in einem Interview: „Das, was in Köln passiert ist, ist furchtbar und mit nichts zu entschuldigen. Man muss jetzt vor allem die Opfer ins Zentrum stellen.“ Auch Simone Peter verurteilte die Übergriffe gegen Frauen auf das Schärfste. „Es darf keine rechtsfreien Räume geben und Straftaten müssen geahndet werden“, schrieb sie auf Facebook. Und auch Katrin Göring Eckardt, deren Reaktionen in der FAZ zu lesen, im Deutschlandfunk zu hören oder bei „Hart aber Fair“ zu sehen waren, forderte eine Bestrafung der Täter „mit der ganzen Härte des Gesetzes“.

Das besondere Ausmaß der Übergriffe in Köln nehmen wir Grünen also ernst. Die Debatte über sexualisierte Gewalt muss offen, kritisch und differenziert geführt werden. Wir sagen aber auch, dass sexualisierte Gewalt nicht nur dann thematisiert werden darf, wenn die Täter die vermeintlich ‘anderen’ sind. Die Debatte darf jetzt nicht instrumentalisiert werden und sich nur noch gegen fremde muslimische nordafrikanische Männer und Flüchtlinge als Tatverdächtige richten. Die Debatte muss zurück auf die betroffenen Frauen gelenkt werden. Immerhin weist die polizeiliche Kriminalstatistik für 2014 und 2013 jährlich mehr als 7.300 angezeigte Vergewaltigungen und sexuelle Nötigungen in Deutschland aus. Das sind zwanzig jeden Tag und die Dunkelziffer liegt weitaus höher. Deshalb wollten wir Grünen schon im letzten Jahr mit einem Gesetzesentwurf das Sexualstrafrecht ändern. „Nein heißt Nein“ – wenn das ein Opfer erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, dann muss das für die Strafbarkeit von sexuellen Übergriffen genügen. Doch die Große Koalition verschleppt die Reform und verweigert sich einer Gesetzesänderung.

Was wir auch brauchen ist ein Integrationskonzept. Dazu gehört neben dem Erlernen der deutschen Sprache auch das Vermitteln von Werten und Grundrechten. Denn die Geflüchteten sind hier. Wir müssen sie integrieren und ihnen eine Lebensperspektive bieten – genauso wie die Geflüchteten sich hier in unsere Gesellschaft einfinden müssen. Doch wir müssen als Bürgerschaft unsere eigenen Werte auch leben und Vorbild sein – nicht nur für Geflüchtete, sondern für alle Menschen. Wir müssen „Nein!“ sagen zu Gewalt gegenüber Frauen – jeden Tag aufs Neue. Ein klares Zeichen, dass sie an unserer Seite stehen, haben dabei syrische Flüchtlinge im Tagblatt vom 15.01.2016 gesetzt. Sie schreiben in einem Leserbrief: „Wir wollen Euch sagen, dass wir uns schämen für die ekelhaften, unmenschlichen Dinge, die in Köln am Silvesterabend passiert sind. … Bitte habt keine Angst. Wir sind hier, weil wir in Frieden leben wollen, nicht, um jemandem zu schaden oder zu verängstigen.“

 

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