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23.05.2012

Europa: Angriff auf Streikrecht ausgebremst

Die Europäische Kommission hat einen Verordnungsentwurf vorgelegt, mit dem empfindlich ins Streikrecht der Mitgliedstaaten eingegriffen würde. Diesen Vorschlag, der als so genannte „Monti-II-Verordnung“ bekannt ist, halten wir für inhaltlich falsch und formal unzulässig – soziale Grundrechte wie das Streikrecht dürfen nicht relativiert werden. Wir haben daher gemeinsam mit der SPD einen Antrag eingebracht, der die formale Kritik in einer Subsidiaritätsrüge ausdrücken soll.

Zu den Subsidiaritätsbedenken vieler Parlamente in der EU zur Monti-II-Verordnung erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte:

Die Regierungsfraktionen im Ausschuss für Arbeit und Soziales haben es leider versäumt, fristgerecht die Subsidiaritätsbedenken zu äußern. Der heute von SPD und Grünen eingebrachte Antrag auf Erteilung einer Subsidiaritätsrüge ist an formalen Bedenken der Regierungskoalition gescheitert. Dies ist bedauerlich, da die Regierungsparteien bei jeder Gelegenheit die Tarifautonomie verbal beschwören.

Wir Grünen begrüßen, dass die Bedenken vieler nationaler Parlamente in Europa gegen die geplante Monti-II-Verordnung das Verfahren ausbremsen. Mehr als ein Drittel der Parlamente der Mitgliedstaaten halten den Kommissionsvorschlag für unvereinbar mit den Grundsätzen von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit. Dies spricht eine deutliche Sprache.

Die Vorschläge der Europäischen Kommission haben zum Ziel, dass Dienstleistungsfreiheit und soziale Grundrechte wechselseitig gegeneinander abgewogen werden müssen. Wenn dabei aber das Streikrecht relativiert wird, ist das ein falscher Schritt. Er ist nicht nur inhaltlich fraglich, sondern auch ein formal unzulässiger Eingriff in grundgesetzlich geschützte Rechtsbereiche.

Nun wird die Europäische Kommission ihren Vorschlag grundlegend überarbeiten müssen. Wir teilen das Ziel, die sozialen Grundrechte gegenüber den Marktfreiheiten zu stärken. Klarstellungen zur Handhabung der Entsenderichtlinie sind daher dringend nötig, um Dumping zu verhindern. Bei der praktischen Umsetzung dürfen jedoch die Grundrechte nicht relativiert und auch nicht eingeschränkt werden. Das Streikrecht ist für uns ein hohes Gut und ein viel zu sensibler Bereich für Experimente.