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01.02.2018

Familiennachzug wird faktisch aufgegeben

Der Bundestag hat heute mehrheitlich dafür gestimmt, den Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Flüchtlinge über den 17. März 2018 hinaus auszusetzen. Ab 1. August 2018 soll dann ein neues Gesetz regeln, dass nur noch 1.000 Menschen im Monat im Rahmen des Familiennachzugs einreisen dürfen. Damit wird der Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge im Kern faktisch aufgegeben. Das ist unmenschlich und deshalb habe ich mit „Nein“ gestimmt.

Viele betroffene überwiegend syrische und irakische subsidiär Schutzberechtigte haben sehnlichst auf das Ende der Wartefrist gewartet. Zwei Jahre lang haben sie dem Versprechen vertraut, dass sie danach ihre Familien nachholen dürfen. Jetzt wird ihre Hoffnung enttäuscht. Schon allein das ist schäbig. Und das beschädigt auch das Vertrauen in unseren Rechtstaat.

Die heutige Entscheidung verstößt zudem eindeutig gegen das Völkerrecht, das vorsieht, dass Familien zusammenleben dürfen. Auch unser Grundgesetz sieht den besonderen Schutz von Ehe und Familie vor. Davon wollen aber all diejenigen, die gegen den Familiennachzug gestimmt haben, nichts wissen. Das ist eine traurige Nachricht für alle Menschen, die hier um ihre Familienmitglieder in den Kriegsgebieten bangen. Auch dass ab Sommer nur 1000 Kinder, Ehepartner_innen oder Eltern monatlich einreisen können, ist ein Skandal. Wie soll entschieden werden, wer kommen darf und wer nicht? Diese Obergrenze ist zutiefst unmenschlich.

Da hilft es auch nicht, dass anstelle des Familiennachzugs ein Gnadenrecht über eine Härtefallprüfung möglich ist. Das schafft zwei Klassen von Flüchtlingen – mit und ohne Nachzugsmöglichkeit. Welche Prioritäten sollen da gesetzt werden und wie? Die Trennung von welchem Familienmitglied über welchen Zeitraum ist weniger hart?

Die Trennung von der Familie ist für die Integration der hier lebenden Menschen nicht gut. Wer ständig Angst um seine engsten Angehörigen im Krieg in Syrien oder Irak haben muss, hat weniger Kraft hier in Deutschland anzukommen. Wer an seine Familie denkt und sich sorgt, kann sich nicht auf Integrationskurs, Schule, Ausbildung oder den neuen Job konzentrieren.

Oftmals sind es die Kinder, die mit ihren Müttern alleine in überfüllten Flüchtlingslagern jahrelang auf eine Familienzusammenführung warten müssen. Die Perspektive, möglicherweise erst nach langem Warten wieder vereint zu sein, treibt sie dazu, auf gefährlichen Wegen nach Europa und Deutschland zu kommen. Das darf nicht sein.