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25.03.2013

Kleine Anfrage: Lohnpolitische Koordinierung und Abbau von Leistungsbilanzungleichgewichten

Auf europäischer Ebene herrscht Einigkeit, dass ein Ausgleich der Leistungsbilanzen erfolgen muss. Über den Weg sind sich aber weder die Ökonomen noch alle Staaten einig. In der Kleinen Anfrage haben wir die Bundesregierung nach ihrer Strategie zum Abbau der Leistungsbilanzungleichgewichte gefragt und welchen Beitrag die Bundesregierung beabsichtigt zu leisten. Denn es geht immerhin darum, dass die Krise in Europa für alle Länder sozialverträglich bewältigt werden kann.

Hohe und anhaltende Leistungsbilanzdefizite sind kritischer zu werten als hohe und anhaltende Leistungsbilanzüberschüsse, schreibt die Bundesregierung. Sie sieht die Ursachen für die Defizite ausschließlich strukturell in den Defizitländern begründet und hält Strukturreformen dort für erforderlich, um die Ungleichgewichte nachhaltig abzubauen. Sie bezeichnet Lohnflexibilisierung in Defizitländern als den richtigen Weg, damit die Lohnentwicklung im Einklang mit der Produktivität steht.

Leistungsbilanzüberschüsse wertet die Bundesregierung grundsätzlich als unproblematisch, wenn sie – wie im Falle Deutschlands – das Ergebnis hoher Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in vom Wettbewerb international geprägten Märkten sind. Deswegen hat sie sich auf europäischer Ebene für eine Differenzierung der Schwellenwerte beim Leistungsbilanzindikator eingesetzt. D.h. sie hält es für richtig, wenn Defizitländer bei einem Leistungsbilanzdefizit von 4 Prozent genauer geprüft werden, Überschussländer aber erst nach einem Überschuss über 6 Prozent eine Überprüfung ihrer Politik durch die EU-Kommission befürchten müssen.

Die Haltung der Bundesregierung bezüglich der lohnpolitischen Erfordernisse ist widersprüchlich: Einerseits schreibt sie, dass höhere Löhne in Deutschland den deutschen Leistungsbilanzüberschuss steigert. Andererseits vertritt sie in der Antwort auf Frage 26 die Auffassung, dass die Entwicklung der Binnennachfrage in Deutschland den Abbau der Leistungsbilanzungleichgewichte unterstützen dürfte.

Fakt ist, dass eine steigende Binnennachfrage in Deutschland dazu führt, dass auch mehr Waren aus dem Ausland nach Deutschland importiert werden. Folglich steigen die Exporte aus dem Euroraum, was auch die Wettbewerbssituation der Südländer verbessern dürfte. Die deutsche Binnennachfrage steht aber in einem engen Zusammenhang mit der Lohnentwicklung: Steigen die Löhne, ist eine Grundvoraussetzung für eine steigende Konsum getriebene Binnennachfrage geschaffen.

Die Bundesregierung scheint diesen Zusammenhang nicht zu sehen. Sie bevorzugt den für die Eurokrisenländer harten Weg, der ein Abbau der Leistungsbilanzdefizite durch eine sinkende Binnenachfrage vorsieht und zudem mit extremen sozialen Härten sowie einer hohen Arbeitslosigkeit einhergeht.

Wir sind der Überzeugung, dass Deutschland die sozialen Härten in den Eurokrisenländern durch eine gute und vorausschauende Wirtschaftspolitik verringern könnte. Dazu müsste die Binnennachfrage angekurbelt und der private und/oder öffentliche Konsum gesteigert werden. Leistungsbilanzüberschüsse und –defizite sind zwei Seiten der selben Medaille. Das sollte endlich auch die Bundesregierung anerkennen. Der Abbau von Leistungsbilanzen bleibt aber ohne deutschen Beitrag.

 

Kleine Anfrage