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13.05.2019

Kleine Anfrage: Umsetzung des Sozialen Arbeitsmarkts ist absurd

Im letzten Jahr habe ich intensiv die Einführung des Sozialen Arbeitsmarkts begleitet. Jetzt beobachte ich sehr genau, wie das neue Instrument „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ umgesetzt wird, und befürchte, dass viele alte Fehler wiederholt werden. Deshalb habe ich mit einer kleinen Anfrage bei der Bundesregierung nachgehakt und bin in meiner Einschätzung bestätigt worden.

Freiwilligkeit ist die Grundvoraussetzung für das Gelingen des Sozialen Arbeitsmarkts. Daher habe ich schon immer die im „Teilhabechancengesetz“ enthaltene Zuweisung kritisiert und nun gefragt, wie genau die Jobcenter diese Zuweisungen handhaben und welche Folgen dies für die Betroffenen hat. Die Bundesregierung macht in ihrer Antwort das abwegige Vorgehen deutlich: Zunächst schließen arbeitslose Menschen, die eine Förderung im Sozialen Arbeitsmarkt erhalten sollen, einen Arbeitsvertrag mit einem Arbeitgeber ab. Im Anschluss daran erhalten sie vom Jobcenter aber zwei Zuweisungen mit Rechtsfolgenbelehrung – eine Zuweisung in das Arbeitsverhältnis und eine in die beschäftigungsbegleitende Betreuung. Das bedeutet im Klartext, dass Menschen freiwillig einen Arbeitsvertrag mit allen Rechten und Pflichten abschließen, ihnen aber direkt im Anschluss die Eigenverantwortung durch die Zuweisung entzogen wird. Diese Konstruktion ist wirklich absurd.

Die Zuweisung hat aber auch zur Folge, dass die Beschäftigten durch das Jobcenter aus ihrem bestehenden Arbeitsverhältnis abberufen werden können, um in ein anderes Arbeitsverhältnis oder sogar in eine andere Maßnahme gesteckt zu werden. Außerdem sind über diesen Weg wieder Sanktionen möglich, beispielsweise dann, wenn sich Probleme im beschäftigungsbegleitenden Coaching ergeben. Wenn geförderte Beschäftigung wie die Teilnahme an einer Maßnahme behandelt wird, dann widerspricht das ganz klar der ursprünglichen Idee des Sozialen Arbeitsmarkts.

Jedes Arbeitsverhältnis wird durch ein ganzheitliches Coaching begleitet. Das ist aber nur wirklich sinnvoll, wenn es individuell ausgestaltet wird und auf die Bedürfnisse eines jedes Einzelnen eingeht. Die Antwort zu dieser Frage zeigt, dass dies unter den aktuellen Umständen jedoch kaum möglich ist. Entweder wird das Coaching von den Jobcentern selbst durchgeführt oder als standardisierte Vergabemaßnahme ausgeschrieben. Diese sind aber nicht flexibel genug, denn Inhalt und Betreuungsumfang werden von den Jobcentern vertraglich festgelegt und eingekauft, noch bevor sich überhaupt ein Coach mit einem Beschäftigen ausgetauscht hat. Das wird der Unterschiedlichkeit der Menschen nicht gerecht.

Auch so wichtige Teilaspekte wie die Einbeziehung der Arbeitgeber in das Coaching finden nur in Ausnahmefällen Berücksichtigung. Dabei sollen ausdrücklich kleine und mittlere Betriebe für den Sozialen Arbeitsmarkt gewonnen werden. Sie dürfen nicht alleine gelassen werden und brauchen Unterstützung, damit sie sich die Beschäftigung von langzeitarbeitslosen Menschen zutrauen.

Es ist offensichtlich, dass es noch viele Baustellen bei der Umsetzung des Sozialen Arbeitsmarkts gibt. Es muss klar sein, dass es um ganz normale Arbeitsverträge und nicht um Arbeitsgelegenheiten geht. Den Menschen müssen auf Augenhöhe Perspektiven und Chancen abseits des bürokratischen Maßnahmenmodus ermöglicht werden – Sanktionsandrohungen gehören da definitiv nicht dazu.

 

Kleine Anfrage