Inhalt

18.03.2011

Kommentar: Zurück zum Atomausstieg – aber verbindlich!

Das Leid in Japan ist mit Worten nicht zu beschreiben. „Man möchte es nicht zuende denken“, so beschrieb ein Helfer seine Hilflosigkeit angesichts der Frage, was könnte gemacht werden, wenn die Region um Tokio atomar verseucht würde. Es gibt kein Katastrophenschutz-Szenario und kein Handbuch, wenn ein Atomkraftwerk in einem dicht besiedelten Industrieland außer Kontrolle gerät. Schuld an der atomaren Verseuchung aber ist nicht eine „Naturkatastrophe“, sondern der Irrglaube, dass solch eine von Menschen gemachte Risikotechnik kalkulierbar sei.

Im Herbst vergangenen Jahres hat die Bundesregierung einen bereits befriedeten gesellschaftlichen Konflikt aufgekündigt, indem sie den Atomkonsens gebrochen hat. Immense politische Anstrengungen wurden seitens CDU/CSU und FDP unternommen, um die Laufzeitenverlängerung für die Atomkraftwerke durchzusetzen. Dies geschah gegen alle Warnungen und Mahnungen.

Nun will die Bundesregierung die Atomkraftwerke während eines dreimonatigen Moratoriums einer intensiven Sicherheitsprüfung unterziehen. Wäre das nicht vor der Laufzeitverlängerung nötig gewesen? Wenn jetzt „Sicherheit oberste Priorität“ hat, was stand dann vor dem Unfall in Fukushima an erster Stelle? Für die Restlaufzeiten haben wir Grünen stets die „nach neuestem Stand der Technik und Wissenschaft bestmöglichen“ Sicherheitsvorkehrungen gefordert – und nicht nur „angemessene und geeignete“ Maßnahmen, die eine Abwägung möglich macht. Vor allem aber stellt sich nach Japan wieder die Frage, welche Sicherheitsvorkehrungen sollen geprüft werden, wenn mögliche Ereignisse jenseits unserer Vorstellungskraft liegen?

Vor diesem Hintergrund war die Debatte zu Fukushima im Bundestag nur schwer erträglich, denn die jetzt eilig angekündigte Sicherheitsüberprüfung der Bundesregierung ist in Wahrheit eine Bankrotterklärung ihrer verfehlten Energiepolitik. Am 28. Oktober 2010 – in der Debatte zur Laufzeitverlängerung – sagte Bundesumweltminister Dr. Norbert Röttgen noch in Richtung Grüne: „Sie stellen die Parteiinteressen vor die Interessen des Landes, vor die Interessen der Zukunft dieses Landes. Sie wollen Stimmung machen. Sie schüren Ängste.“ Ebenso sagte er: „Diejenigen, die hier sitzen und nur kritisieren können, sind in Wahrheit energiepolitische Blindgänger. Sie haben nichts drauf.“ Heute aber werden von heute auf morgen die 7 ältesten Kernkraftwerke und zusätzlich der Pannenreaktor Krümmel abgeschaltet. Aber nur vorläufig und ohne eine Gesetzesänderung. Aber wohin die Koalition langfristig in der Energiepolitik will, ist nicht zu erkennen.

Auch in Baden-Württemberg wurde Neckarwestheim I kurz vor der Landtagswahl abgeschaltet und anscheinend sogar endgültig – das ist längst überfällig und notwendig. Wie sich Ministerpräsident Mappus aber die energiepolitische Zukunft vorstellt, bleibt unklar. Den Ausbau der Erneuerbaren Energien hat die Landesregierung bisher so gut es ging blockiert. Von Teufel bis Mappus waren die Ministerpräsidenten erklärte Gegner der Windenergie. Bis 2010 war Stefan Mappus einer der schärfsten Befürworter der Kernenergie. Der neue Energiepolitik der Bundesregierung und von Mappus bleibt unglaubwürdig.

Wir Grünen aber bleiben unserer Politik treu. Wir fordern, dass die alten AKWs nicht mehr ans Netz gehen und die Laufzeitverlängerung gesetzlich zurück genommen wird. Aber – und das war in der letzten Fraktionssitzung breiter Konsens – der Atomausstieg muss schneller realisiert werden und dafür werden wir Grünen bald ein neues Konzept vorlegen. Das sind die grünen Lehren aus Japan – im Gegensatz zum Wahlkampfgetöse der Bundesregierung.