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22.09.2012

Newsletter Nr. 5

Liebe Leserinnen und Leser,

hinter mir liegen bewegte Monate. Nach den unsicheren Zeiten während der Wahlen in Griechenland ging es mit den Abstimmungen zur Euro-Krise Schlag auf Schlag – Fiskalpakt, Rettungsschirm ESM und zuletzt die Hilfe für spanische Banken. Wir mussten wichtige Entscheidungen mit weitreichenden Folgen treffen, die von heftigen Kontroversen in der Öffentlichkeit aber auch innerhalb der Fraktion begleitet waren. Aber auch in meinem Bereich geht die Auseinandersetzung mit der Bundesregierung weiter. Neben „Dauerbrennern“ gibt es – etwa mit Schein-Werkverträgen oder psychischen Gefährdungen am Arbeitsplatz – eine Reihe negativer Entwicklungen für die ArbeitnehmerInnen. Hier habe ich mit parlamentarischen Anfragen und Initiativen auf die Missstände aufmerksam gemacht. Wie immer war ich auch viel unterwegs und habe vor allem im Wahlkreis, in Baden-Württemberg und in Berlin viele spannende und mitunter auch beklemmende Gespräche geführt. Ich habe mit Grüns, Gewerkschaften, Verbänden und zahlreichen engagierten Menschen geredet und diskutiert. Meine jährliche Fahrradtour über die schwäbische Alb war dabei wieder eines meiner persönlichen Highlights!

Nach einer kurzen Verschnaufpause geht es im September wieder heftig weiter. Neben dem parlamentarischen Alltag werden insbesondere die Weichen für die Bundestagswahl 2013 gestellt. Im Wahlkreis habe ich meine erneute Kandidatur schon angekündigt und hoffe auf Unterstützung bei der Nominierung. Ich möchte meine Arbeit in Berlin und im Wahlkreis fortsetzen – gradlinig in der Fraktion und engagiert für meine Themen rund um die soziale Gerechtigkeit.

Mit grünen Grüßen,
Beate Müller-Gemmeke

 

1. Bundestag

Schein-Werkverträge
Es ist schon frappierend, mit welcher Skrupellosigkeit Unternehmen Konstruktionen entwickeln, um die Lohnkosten weiter zu senken. Kaum wurde die Leiharbeit stärker reglementiert, bedienen sich etliche Arbeitgeber vermehrt so genannter Schein-Werkverträge, die tatsächlich aber nichts anderes als verdeckte Leiharbeit sind. Ich fordere in einem Antrag eine eindeutige Abgrenzung zwischen Leiharbeit und Werkverträge sowie effektive Kontrollen, denn mit dieser Form von Werkverträgen werden der Kündigungsschutz, die betriebliche Mitbestimmung, die tarifliche Bezah­lung und somit der soziale Schutz der Beschäftigten un­terlaufen. Die Regierungsfraktionen aber ignorieren diese Fehlentwicklung und haben den Antrag abgelehnt.
Rede | Antrag

Entgeltgleichheit
Nachdem wir schon im März unseren Antrag „Frauen verdienen mehr – Entgeltdiskriminierung von Frauen verhindern“ in den Bundestag eingebracht haben, ging das Thema im Juni in die nächste Runde. Die SPD hatte einen Gesetzesentwurf zum gleichen Thema vorgelegt. Erwartungsgemäß ignoriert die Bundesregierung weiterhin die strukturelle Diskriminierung von Frauen am Arbeitsmarkt. Die Regierungsfraktionen verweisen auf die Tarifautonomie und die eingeschränkte Berufswahl von Frauen – sie haben schlichtweg die unterschiedlichen Formen der Entgeltdiskriminierung nicht verstanden. Ich kann versichern: Wir bleiben dran!
Rede | Antrag

Subsidiaritätsrüge gegen Monti-II-Verordnung
Die Europäische Kommission hat einen Verordnungsentwurf vorgelegt, der empfindlich ins Streikrecht der Mitgliedstaaten eingreift. Diese so genannte „Monti-II-Verordnung“ halte ich für gefährlich und zudem formal für unzulässig – soziale Grundrechte wie das Streikrecht dürfen nicht relativiert werden. Als zuständige Abgeordnete für europarechtliche Fragen im Ausschuss für Arbeit und Soziales habe ich daher gemeinsam mit der SPD mit einem Antrag eine Subsidiaritätsrüge eingebracht. Obwohl Abgeordnete der CDU/CSU diese Kritik teilen, wurde der Antrag im Ausschuss abgelehnt – (das ist sachlich nicht nachvollziehbar, sondern reines parteipolitisches Kalkül). Andere europäische Staaten haben solch eine Subsidiaritätsrüge ausgesprochen. Jetzt hoffe ich, dass die Kommission die Verordnung grundlegend überarbeitet.
Antrag

Kleine Anfrage – Arbeitsschutz – psychische Belastungen
Das Arbeitsleben ist von steigender Arbeitsintensität geprägt. Die Arbeitsbedingungen überfordern immer mehr Beschäftigte und führen zu nachhaltigen Gesundheitsschäden. Bedenklich ist insbesondere die starke Zunahme von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Mit einer Kleinen Anfrage habe ich die Bunderegierung befragt, wie es diesbezüglich mit der Aufsichtstätigkeit beim Arbeitsschutz steht. Denn vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gilt es die Arbeitswelt so zu gestalten, dass die Beschäftigten bis zum Rentenalter gesunde, alters- und alternsgerechte Arbeitsbedingungen vorfinden. Die Antworten zeigen eine traurige Realität. Die Bundesregierung musste eingestehen, dass die bisherigen Konzepte – sofern es sie überhaupt gibt – bei den psychischen Belastungen nicht greifen. Allerdings folgen wie so häufig bei der Regierung aus dieser Einsicht keine Konsequenzen. Wir brauchen aber endlich eine Anti-Stress-Verordnung, damit die Aufsichtsbehörden und auch die Betriebe Handwerkszeug an die Hand bekommen, um arbeitsbedingten Stress zu reduzieren. Die Dringlichkeit des Themas zeigt das Echo, das die Kleine Anfrage in der Presse gefunden hat.
Meine Bewertung | Süddeutsche Zeitung | Kleine Anfrage

Kleine Anfrage – Entlohnung in der Pflege
Das neue so genannte Pflege-Neuausrichtungsgesetz schwächt die Beschäftigten in der Pflege. Schon frühzeitig habe ich mit einer Kleinen Anfrage nachfragt, denn Arbeitgeber sollen als Voraussetzung für einen Versorgungsvertrag nicht mehr wie bisher die ortsüblichen Gehälter, sondern den Mindestlohn zahlen müssen. Das öffnet einer Lohnspirale nach unten Tür und Tor. Für mich ist das verantwortungslose Politik zu Lasten der Beschäftigten und vor allem auch mit Blick auf den Fachkräftemangel in der Pflege. Notwendig ist vielmehr Anerkennung und Wertschätzung durch faire Löhne!
Meine Bewertung | Kleine Anfrage

Kleine Anfrage – Geschlechtsunterschiede bei der Arbeitsbelastung
Die Bundesregierung ignoriert die Geschlechterunterschiede bei der Arbeitsbelastung vollständig. Das legen zumindest ihre Antworten auf eine Kleine Anfrage zum Thema „Geschlechterperspektive für die betriebliche Gesundheitsförderung“ nahe, die ich zusammen mit meiner Kollegin Maria Klein-Schmeink gestellt habe. Dabei ist längst erwiesen: Die betriebliche Gesundheitsförderung erreicht Frauen weitaus seltener als Männer. Und Frauen reagieren anders als Männer auf unterschiedliche Arbeitsbelastungen. Die Bundesregierung sieht aber keinen Handlungsbedarf. Politik für Frauen sieht anders aus!
Meine Bewertung | Kleine Anfrage

Entscheidungen zur Euro-Krise – meine Persönlichen Erklärungen
Die Euro-Krise ist aktuell das bestimmende Thema und hat uns auch in der parlamentarischen Sommerpause eine Sondersitzung im Bundestag beschert. Mit dem ESM, dem Fiskalpakt und der Spanienhilfe standen schwere Entscheidungen an, die nicht nur in der Öffentlichkeit für Kontroversen gesorgt haben. Auch innerhalb der Fraktion wurden diese Entscheidungen heftig diskutiert. Für mich als Sozialpolitikerin waren die Entscheidungen besonders schwierig, denn ich befürworte einerseits Rettungsmaßnahmen für die Krisenländer, aber andererseits überschreitet die sozial unverträgliche Ausgestaltung der geforderten Sparpakete die Grenzen des Zumutbaren und zudem ist dies ökonomisch kontraproduktiv. Schlussendlich habe ich beim ESM mit meiner Fraktion gestimmt, aber beim Fiskalpakt und bei der Spanienhilfe nicht. Zu allen Abstimmungen habe ich eine Persönliche Erklärung abgegeben und diese beim Deutschen Bundestag zu Protokoll gegeben.
Meine Persönlichen Erklärungen: ESM | Fiskalpakt | Spanienhilfe

Sanktionen im SGB II – meine Persönliche Erklärung
Die Zahlen der Sanktionen für Alg II-EmpfängerInnen erhalten immer wieder viel Raum in den Medien, obwohl nur ein kleiner Teil der Erwerbslosen davon betroffen ist. Dies war Inhalt einer Debatte. Namentlich abgestimmt wurde unsere Forderung nach einem Sanktionsmoratorium und ein Antrag der Linken, der die Abschaffung der Sanktionen forderte, bei dem wir uns enthalten haben. Dieses Thema ist mir schon lange ein besonderes Anliegen, deshalb habe ich zusammen mit KollegInnen eine Persönliche Erklärung abgegeben.
Persönliche Erklärung

Und natürlich gab es zudem noch jede Menge Anlässe für Pressemitteilungen, mit denen ich mich in aktuelle Themen eingemischt habe – dies kann im Pressespiegel und bei den Pressemitteilungen nachgelesen werden.

 

2. Aktivitäten

Als Sprecherin von GewerkschaftsGrün war für mich insbesondere unsere Jahrestagung in Berlin ein Highlight. Wir hatten gehaltvolle und interessante Diskussionen, die zu guten Beschlüssen geführt haben. Weiter war ich bei den vielfältigsten Veranstaltungen als Rednerin und Diskussionspartnerin unterwegs – so beispielsweise bei der Podiumsdiskussion „Was verdienen Frauen? Entgeltskandal 2012“, veranstaltet vom Amt für Chancengleichheit Heidelberg / Podiumsdiskussion „Rente mit 67 abschaffen?“ mit ver.di und dem Arbeitgeberverband Südwestmetall in Neckargmünd / Diskussionsabend mit der IG Metall in Hechingen, und beim Gewerkschaftstag der DPVKom durfte ich ein 15-minütiges Grußwort halten. Auf meiner Pinnwand sind alle weiteren Aktivitäten nachzulesen.

 

3. Wahlkreis

Bevor der deutsche Bundestag die Reform des Transplantationsgesetzes verabschiedet hat, habe ich zu einer Veranstaltung zum Thema Organspende mit Experten eingeladen. Mich hat das Thema umgetrieben, von daher wollte ich Informationen, Fakten und den Reformbedarf aufzeigen. Vor allem wollte ich dieses schwierige und komplexe Thema den Menschen näher bringen, denn alle Menschen sollten sich damit beschäftigen und ihre persönliche Entscheidung dazu treffen, egal in welche Richtung. Auch die anstehenden Abstimmungen zur Euro-Krise wollte ich mit den Menschen in meinem Wahlkreis diskutieren. Mit einer Veranstaltung zum ESM und Fiskalpakt habe ich mich gemeinsam mit meinem Parteikollegen und erfahrenen Bankenexperten Eugen Schlachter einer spannenden und intensiven Diskussion gestellt. Trotz Hitzegewitter und Fußball-EM waren viele Interessierte gekommen – das Thema bewegt die Menschen. Die Bundesregierung hat mal wieder die Einspeisevergütung im EEG gekürzt. Deshalb habe ich in Reutlingen die Solarbranche besucht und nach den Auswirkungen gefragt, um mir ein Bild machen zu können. Wir waren uns einig: Die Kürzungen sind viel zu drastisch! Insgesamt war ich viel im Wahlkreis unterwegs. So war ich etwa zu Gast bei der GAL Pfullingen, der Asylpfarrerin Susanne Haag, der Firma Manz und der Christian-Morgenstern Schule, in der Hochschule – um nur einige zu nennen – und durfte mich im Gegenzug aber auch über Besuch von vielen tollen SchülerInnengruppen in Berlin und von neugierigen PassantInnen bei meinem FairTrade-Frühstück in der Reutlinger Innenstadt freuen. Die Gespräche waren allesamt sehr spannend, angenehm und informativ. Auch an dieser Stelle noch einmal vielen Dank an alle für den anregenden Austausch. Im direkten Dialog mache ich Politik am liebsten!

Fahrradtour über die Schwäbische Alb
Alle Jahre wieder! Auch in diesem Jahr bin ich mit meinem Team wieder eine Woche lang über die schwäbische Alb geradelt, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Denn der Austausch vor Ort ist mir sehr wichtig. Hier höre ich, was die Leute umtreibt, welche Sorgen und Probleme es im Alltag gibt und wo konkreter politischer Handlungsbedarf besteht. Meine Alb-Tour ist immer wieder faszinierend und zeigt, was die Alb zu bieten hat. Jedes Jahr komme ich mit tollen Menschen ins Gespräch und entdecke interessante Projekte und Betriebe!

 

4. Brisantes in Kürze

„Erst entscheiden, dann nachdenken“ – das war das Prinzip der Regierungskoalition beim Meldegesetz. Dieses Vorgehen erinnert eher an einen schlechten Scherz als an ernst gemeinte und verantwortungsvolle Politik. Nicht nur, dass die Regierungskoalition mit dem opt-out-Prinzip bei der Datenweitergabe einem Ausverkauf der Daten der BürgerInnen Tür und Tor öffnet und ganz ungeniert Klientelpolitik betreibt – nach den Hoteliers durften sich diesmal die Adresshändler freuen. Erst nach der öffentlichen Kritik setzte eine Reflexion der Konsequenzen ein und in der Folge ein Hoffen darauf, dass das Gesetz im Bundesrat scheitert. Dieses Spektakel hat aber auch das Vertrauen in die Politik erschüttert und für die Opposition Konsequenzen: Es hat in der Öffentlichkeit den falschen Eindruck entstehen lassen, wir hätten die Abstimmung „verpennt“ und solch ein sensibles Thema in nur knapp einer Minute abgehandelt. Dem ist nicht so! Und deshalb war mir ein Kommentar zum Meldegesetz ein besonderes Anliegen.

Ein ähnliches politisches Debakel war der erste Versuch, den Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld einzubringen. Bei einer Abstimmung vor der Debatte zum Betreuungsgeld zeigte ein Hammelsprung, dass der Bundestag nicht beschlussfähig war und die Sitzung abgebrochen werden musste. Wir, die Opposition, haben die Abstimmung boykottiert, denn die Ministerin wollte das Betreuungsgeld noch vor der Sommerpause ohne ausreichende parlamentarische Beratung durch das Parlament winken. Entscheidend war aber, dass nur 200 Abgeordnete der Regierungsfraktionen zum Hammelsprung gekommen waren, obwohl manche vor dem Plenarsaal standen. Dies zeigte, wie umstritten das Betreuungsgeld auch innerhalb der Regierung ist und verdeutlichte einmal mehr, wie wenig diese Regierung politikfähig ist. Unabhängig davon ist aber das geplante Betreuungsgeld vor allem inhaltlich eine Katastrophe. Denn eine umfassende Anerkennung von Familienarbeit wird damit nicht geleistet. Vielmehr wird die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung durch das Betreuungsgeld zementiert und der notwendige Ausbau von Betreuungsangeboten blockiert. Zukunftsorientierte Politik sieht anders aus.