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29.09.2011

Persönliche Erklärung: Abstimmung EFSF

Heute hat der Deutsche Bundestag in großer Mehrheit der Aufstockung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF), des so genannten Euro-Rettungsschirms zugestimmt. Auch ich habe dem EFSF zugestimmt. Das Ja zum Rettungsschirm bedeutet aber nicht, dass wir Grünen das Krisenmanagement der schwarz-gelben Bundesregierung gutheißen. Kanzlerin Angela Merkel hat bisher stets zu ängstlich, zu zögerlich und zu kraftlos auf die Herausforderungen der europäischen Schuldenkrise reagiert.

Kanzlerin Merkel hat damit wertvolle Zeit verspielt, die Krise verlängert und schlimmer gemacht. Wir Grünen haben das über die letzten Wochen und Monate immer wieder kritisiert. Die Regierung hat durch das Zaudern und Zögern Europa einen Bärendienst erwiesen. Kanzlerin Merkel hat mehrmals die antieuropäische Karte gespielt und weiter Vorurteile geschürt. Die Geister, die sie damit rief, konnte sie nun kaum noch einfangen. In ihrer eigenen Regierungskoalition, selbst in ihrer eigenen Fraktion musste sie um die nötige Mehrheit bangen. Wir als Oppositionsfraktion haben in dieser Situation einen kühlen Kopf bewahrt und verlässlich, vernünftig und verantwortungsbewusst gehandelt.

Die derzeitige Krise ist nicht nur eine Krise Griechenlands oder einzelner überschuldeter Staaten. Es ist eine Krise des gesamten Euroraumes. Wer fordert, einzelne Staaten aus der Eurozone auszuschließen, der macht es sich zu einfach. Wer glaubt, mit einer Staatsinsolvenz Griechenlands oder der Wiedereinführung der D-Mark sei irgendwem geholfen, der folgt der Vorstellung, man könne den Prozess der Europäischen Integration und der Globalisierung einfach umkehren. Aber dies ist nicht möglich, denn eine Destabilisierung des gesamten europäischen Wirtschaftsraumes, eine Kettenreaktion der Staatsinsolvenzen und eine schwere Rezession in den europäischen Volkswirtschaften wäre die Folge. Und es kann nicht politisch, ökonomisch oder moralisch unser Ziel sein, die Europäische Gemeinschaft zu beenden. Denn gerade Deutschland als Exportnation hat bisher stets am stärksten vom europäischen Einigungsprozess, von der gemeinsamen Währung und von der Osterweiterung der Europäischen Union profitiert.

Die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die starke Exportorientierung hat längst die Möglichkeit nationaler Alleingänge eingeschränkt. Das sieht man an der Ankündigung der Schweiz, den Kurs des Franken an den Euro zu koppeln. Auch Norwegen und Schweden könnten gezwungen werden, die Landeswährung abzuwerten. Dieses Beispiel zeigt: das Zeitalter nationaler Alleingänge ist endgültig vorbei. Und es zeigt auch: Europa als Ganzes steht vor einer wichtigen wirtschaftlichen Weichenstellung.

Im Grundsatz tragen wir die Entscheidungen mit. Aber wir laufen nicht kritiklos der Kanzlerin hinterher. Immer wieder haben wir kritisiert, dass die Gläubigerbeteiligung nicht ausreichend ist und die Lasten, die Banken auf sich nehmen, nicht ausreichen. Die Krise ist vor allem auch eine Finanzkrise. Deshalb ist eine Finanztransaktionssteuer und eine umfassende Regulierung der Finanzmärkte unerlässlich. Das Zaudern der Bundesregierung verschlimmert deshalb die Krise. Und schlussendlich geht es bei der Eurokrise auch um die Verteilungsfrage. Die Konsolidierung der Staatshaushalte kann nicht nur durch Sparen erreicht werden. Starke Schultern müssen auch entsprechend viel tragen. In diesem Sinne tragen auch die Länder Verantwortung, die jahrelang durch Lohnzurückhaltung Leistungsbilanzüberschüsse hatten und in der Folge eine niedrige Binnenkonjunktur. Mir war es deshalb besonders wichtig, dass die Sparprogramme in den überschuldeten Ländern sozial verträglich sind und deren schwache Konjunktur nicht abwürgen dürfen. Machen wir uns nichts vor: in Griechenland sind es die kleinen Leute, die am meisten unter der gegenwärtigen Situation leiden. Es sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Studentinnen und Studenten, Pensionärinnen und Pensionäre. Ihnen gilt meine Solidarität. Und deshalb finde ich die wiederholten populistischen Versuche, sie als Verschwender und Faulenzer zu diskreditieren auch nicht angebracht. Sparen und Investieren in ökologische Zukunftsaufgaben ist der richtige Weg. All dies haben wir heute erneut in einem Entschließungsantrag zu dem Gesetzentwurf deutlich gemacht.

Nach Abwägung aller Faktoren und nach langen Diskussionen innerhalb der Fraktion bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es richtig dem Gesetzentwurf heute zuzustimmen. Dadurch wird der Euro-Rettungsschirm auf insgesamt 779 Mrd. Euro nominales Volumen aufgestockt. Die Bundesrepublik haftet dafür mit einem Anteil, der ihrer Bedeutung unter den europäischen Volkswirtschaften entspricht: mit 27 %, also 221 Mrd. Euro. Das sind immens viel Garantien. Ein Scheitern von Europa würde aber noch sehr viel teurer werden.

Mit dem Gesetz wurden auch die Regeln zur Beteiligung des Bundestages bei den Entscheidungen zur Euro-Rettung endlich festgeschrieben. Dies haben wir schon lange gefordert. Damit wird es sich nicht wiederholen, was in den vergangenen Monaten undemokratische Praxis war. Zukünftig wird die Bundesregierung nicht mehr alleine auf europäischer Ebene entscheiden, sondern nur noch die gewählten Abgeordneten in den zuständigen Gremien und im Bundestag.

 

Persönliche Erklärung

Entschließungsantrag