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30.06.2011

Persönliche Erklärung: Atomausstiegsgesetz

Heute hat der Deutsche Bundestag den zweiten Atomausstieg beschlossen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat im Herbst 2010 gegen jede Vernunft und alle Widerstände den rot-grünen Atomkonsens aufgekündigt und die Laufzeiten verlängert. Diese historische Fehlentscheidung wurde heute zurückgenommen. Frau Merkel hat den Kampf um die Atomfrage verloren.

Wachgerüttelt durch eine Katastrophe internationalen Ausmaßes in Fukushima, mussten die Parteien der Atomkraftbefürworter komplett umschwenken. Dies ist ein Erfolg der Anti-AKW-Bewegung, der Umweltverbände und auch ein Erfolg der GRÜNEN.

Die acht ältesten Atomkraftwerke inklusive des Pannenreaktors Krümmel werden nicht mehr ans Netz gehen. Die Laufzeitverlängerung wird zurück genommen. Diese Schritte haben unsere vollste Unterstützung. Gleichzeitig habe ich elementare Kritik am Ausstiegsgesetz. Die geplante Kaltreserve ist technisch und ökologisch völliger Unsinn. Eine Abschaltung der letzen Meiler erst in den Jahren 2021 und 2022 ist zu spät und zu konzentriert. Der Zeitraum von heute bis zum endgültigen Atomausstieg erstreckt sich über drei weitere Legislaturperioden. Dies weckt Zweifel an seiner Endgültigkeit. Wir Grünen halten dagegen einen Atomausstieg bereits bis 2017 für realistisch und haben dies auch immer wieder gefordert. Für die noch laufenden AKW müssen die Sicherheitsanforderungen deutlich erhöht werden. Mit dem § 7d des Atomgesetzes hat schwarz-gelb die Sicherheitsstandards gesenkt. Dagegen klagt die Grüne Bundestagsfraktion vor dem Bundesverfassungsgericht und fordert eine sofortige Streichung. Auch die Endlagerfrage bleibt bisher ungelöst. Für den Standort Gorleben gibt es weder einen Baustopp noch ein Erkundungsmoratorium. Wir fordern eine ergebnisoffene, bundesweite Endlagersuche und die Beendigung des Schwarzbaus von Gorleben.

BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN haben auf einem außerordentlichen Parteitag ihre Basis zum Atomausstieg befragt. In einer emotionalen und fundierten Diskussion hat die Versammlung ein „ja, aber“ beschlossen – eine Zustimmung zum jetzigen Ausstiegsgesetz mit dem klarem Auftrag, Verbesserungen einzufordern. Ich bin ein Parteimensch und nehme die Debatten und Entscheidungen der grünen Mitglieder und Delegierten sehr ernst. Für mich hat der Beschluss des Sonderparteitags einen hohen Stellenwert. Deshalb nehme ich das Votum ernst und habe es umgesetzt, obwohl ich aus den genannten Gründen und Kritikpunkten gegen eine Zustimmung war. In der heutigen Abstimmung habe ich mit „ja“ gestimmt.

Damit ist das Thema Atompolitik jedoch keinesfalls vom Tisch. Wir Grünen werden weiter für einen schnelleren Atomausstieg, eine echte und funktionierende Energiewende und effektiven Klimaschutz kämpfen. Bei der Frage der Sicherheitsstandards darf es keine Kompromisse geben: sie müssen für die restliche Laufzeit deutlich verschärft werden. Für die Kosten von Nachrüstungen müssen die Betreiber haften, nicht die Allgemeinheit. Auch die Fragen der Endlagerung des Atommülls muss endlich angegangen werden. Auch hier werden wir konsequent bleiben: der politisch verbrannte und geologisch unsinnige Standort Gorleben kommt nicht in Frage. Auch die Förderung von AKWs in anderen Staaten durch Hermes-Bürgschaften, die Verwendung von Forschungsgeldern für atomare Technologien und der Betrieb der Urananreicherungsanlagen Gronau sowie der Brennelementeproduktion Lingen muss beendet werden, um den Atomausstieg konsequent und glaubwürdig zu gestalten.

 

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