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16.05.2013

Rede: Ilo-Übereinkommen Hausangestellte

Jetzt hat die Bunderegierung die Ratifizierung des Ilo-Übereinkommen auf den Weg gebracht. Das unterstützen wir. Es ist aber dennoch zu wenig. Auch in Deutschland müssen die Arbeitsbedingungen für Hausangestellte verbessert werden. Unsere Forderungen haben wir in einem gemeinsamen Antrag mit der SPD formuliert.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

dem Deutschen Bundestag bleiben nur noch wenige Sitzungswochen, um wichtige Beschlüsse zu fassen. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat viel angekündigt, aber wenig auf den Weg gebracht. Statt dessen wurde viel Zeit damit vertan, unwichtige und unsinnige Dinge zu beschließen –wie das Betreuungsgeld . Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzentwurf, um den es heute geht, um so mehr zu begrüßen. Denn die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens über menschenwürdige Arbeit für Hausangestellte ist wichtig und richtig. Der Gesetzentwurf wird daher unsere volle Zustimmung erhalten.

Das Übereinkommen mit der Nummer 189 ist eine große Errungenschaft. Es wirft ein wenig Licht auf die oft unsichtbare und unterbezahlte Arbeit der Hausangestellten überall auf der Welt. Den Beschäftigten – meist sind es Frauen, oft Migrantinnen – werden endlich Rechte eingeräumt, die sie vor Missbrauch, Diskriminierung und Ausbeutung schützen. Deswegen ist es wichtig, dass das Übereinkommen von möglichst vielen Staaten der Welt unterzeichnet wird. Gerade die Industrienationen und unter ihnen wiederum in besonderem Maße Deutschland, könnten und sollten bei Mindeststandards für ihre Beschäftigten mit gutem Beispiel vorangehen. Wie so oft gilt: was wir selbst nicht bereit sind zu leisten, das können wir schlecht von anderen verlangen. Deshalb ist es entscheidend, dass die Bundesrepublik Deutschland soziale und ökologische Kriterien ernst nimmt. Deswegen ist es zwingend, dass Texte die auf internationalen Konferenzen unterzeichnet wurden, auch möglichst zügig in nationales Recht umgesetzt werden.

Aus diesem Grund hat meine Fraktion gemeinsam mit der SPD einen Antrag eingebracht, um das ILO-Übereinkommen zügig zu ratifizieren und die nationale Gesetzgebung an die Erfordernisse des Abkommens anzupassen. Über diesen Antrag haben wir Ende November im Bundestag beraten, zu einem Zeitpunkt als nur Uruguay, die Philippinen und Mauritius bereits ratifiziert hatte. Mittlerweile sind Nicaragua und Bolivien dazu gekommen. Von allen entwickelten Industrieländern, von allen EU-Staaten hat bisher nur Italien das Übereinkommen ratifiziert – im Januar diesen Jahres. Es wird Zeit, dass sich diese noch viel zu kurze Liste um Deutschland verlängert.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der erste Teil unseres Antrags erfüllt. Da der Bundesrat keine Einwendungen erhebt, liegt es jetzt am Deutschen Bundestag, dem Gesetzentwurf zustimmen, damit das Übereinkommen formal in Kraft treten kann. Wir werden zustimmen. Aber als kritisch sehen wir jedoch die Einschätzung der Bundesregierung, dass Ergänzungen der innerstaatlichen gesetzlichen Vorschriften nicht erforderlich seien. So einfach kann es sich der Gesetzgeber dann doch nicht machen, wenn er den Inhalt des ILO-Übereinkommens wirklich ernst nimmt. Denn es gibt Handlungsbedarf auch in Deutschland, Verbesserungsbedarf für die Situation der rund 250.000 angemeldeten Arbeitsverhältnissen in Privathaushalten, Reformbedarf für die geschätzten rund vier Millionen informell Beschäftigten Hausangestellten.

Allein schon diese riesige Spannweite zwischen der offiziell gemeldeten und der geschätzten tatsächlichen Zahl von in Deutschland beschäftigten Hausangestellten macht klar: ein zu eng gefasster Ansatz, der rein auf die formalen Regelungen schaut, geht an den tatsächlichen Schutzbedürfnissen der Betroffenen vorbei. Die Grauzone und Dunkelziffer sind gerade bei Hausangestellten so groß wie in kaum einem anderen Beschäftigungsbereich.

Aus gutem Grund haben wir in unserem Antrag auch eine Aufklärungskampagne über die Rechte der Beschäftigten vorgeschlagen, die Rücksicht auf die sprachlichen Barrieren der Hausangestellten mit Migrationshintergrund nimmt. Es genügt schließlich nicht, auf bestehende Rechtsnormen zu verweisen, wenn diese Rechtsnormen zu wenig bekannt sind, zu wenig umgesetzt, überwacht werden und zu wenig Beachtung in der Praxis finden.

Auch bei der Frage der Entlohnung genügt es nicht, auf die bestehende Rechtslage zu verweisen. Es ist und es bleibt ein Mangel, dass es in Deutschland keinen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn gibt und auch keinen branchenspezifischen Mindestlohn für gewerbliche Arbeit innerhalb von privaten Haushalten. Es ist ein Mangel, dass pflegende Hausangestellte, die in der Theorie vom Branchen-Mindestlohn für die Pflege profitieren müssten, diesen in der Praxis meistens nicht durchsetzen können – sofern sie überhaupt davon wissen. Die ungeregelte Entlohnung ist und bleibt für uns ein zentraler Kritikpunkt.

Wir kritisieren auch, dass Minijobs sozial schlecht abgesichert sind, eine arbeitsmarktpolitische Sackgasse darstellen und dringend reformiert werden müssen. Das betrifft auch in ganz besonderem Maße Hausangestellte, die in ihrer überwältigenden Mehrzahl in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen angestellt sind.

Alle diese Mängel und Kritikpunkte wird der Gesetzgeber angehen müssen. Sie stehen formal der Ratifizierung jedoch nicht im Weg. Deswegen stimmen wir dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu und sind froh über eine rasche Umsetzung des ILO-Übereinkommens 189. Die Zustimmung in Deutschland ist ein wichtiges Signal für andere Staaten der Welt und ein bedeutender Schritt nach vorne. Dieser Erfolg darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es mit dem vorliegenden Gesetz alleine noch nicht getan ist. Es sind noch gesetzgeberische Hausaufgaben zum Schutz für die Hausangestellten zu leisten. Spätestens der nächste Bundestag wird sich erneut mit diesem Themenbereich beschäftigen müssen. Anregungen und Hilfestellungen haben wir mit unserem Antrag geliefert.

Antrag im Bundestag