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20.05.2010

Rede: Mehr Mitbestimmung für die Beschäftigten

Die Fraktionen hatten aufgrund der sehr späten Debatte am Abend vereinbart, dass die Rede zur Unternehmensmitbestimmung zu Protokoll gegeben wird. Im Antrag der Fraktion „Die Linke“ geht es darum, dass ehemals deutsche Unternehmen als ausländische Kapitalgesellschaften die Mitbestimmung umgehen können. Beate Müller-Gemmeke bezeichnet die Unternehmensmitbestimmung als eine historische Errungenschaft, die wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie ist. Damit muss behutsam umgehen werden und es muss alles dafür getan werden, dass diese Errungenschaft bewahrt wird.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,

auch wir beobachten mit Sorge, dass die Errungenschaften der deutschen Unternehmensmitbestimmung durch Unternehmen mit ausländischen Rechtsformen, wie beispielsweise die britische Limited oder die holländische B.V., untergraben wird. Dazu gehören auch deutsche Scheinauslandsgesellschaften, die ausländische Rechtsformen mit dem Ziel nutzen, die deutsche Unternehmensmitbestimmung zu umgehen.

Diese Unternehmen können aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit als ausländische Kapitalgesellschaften in ihrer ursprünglichen Rechtsform in Deutschland, unter Anwendung eines ausländischen Gesellschaftsstatuts, tätig werden und so die Mitbestimmung umgehen.

Diese Tatsache wurde 2006 bereits in der Regierungskommission zur Modernisierung der deutschen Unternehmensmitbestimmung bereits diskutiert. Aufgrund der wenigen Fälle, wurde damals auf eine Empfehlung an den Gesetzgeber, die Bestimmungen zur Unternehmensmitbestimmung auf alle Unternehmen – auch auf die ausländischen Rechtsformen – auszudehnen, verzichtet.

Nach wie vor ist die Umgehung der Unternehmensmitbestimmung kein Massenphänomen. Dennoch ist die Zahl dieser Unternehmen mittlerweile deutlich, von 17 Unternehmen in 2006 auf heute 37 Unternehmen, gestiegen. Deswegen muss die Bundesregierung handeln und – wie in dem Antrag der Fraktion Die Linke gefordert – die Unternehmensmitbestimmung lückenlos auf alle Unternehmensformen ausdehnen. Das gilt für alle Formen der Unternehmensmitbestimmung, dem Drittelbeteiligungsgesetz und dem Mitbestimmungsgesetz.

Diese Umgehung der deutschen Mitbestimmungsrechte ist nicht gerecht, denn die Beschäftigten werden anders behandelt und haben weniger Partizipationsrechte.

Die Unternehmensmitbestimmung ist eine historische Errungenschaft, die wesentlicher Bestandteil unserer Demokratie ist. Damit müssen wir behutsam umgehen und alles dafür tun, dass diese Errungenschaft bewahrt wird. Sie stiftet soziale Wertschätzung und gesellschaftlichen Zusammenhalt und könnte ein Mittel sein, die großen Unternehmen wieder stärker auf das Gemeinwohl zu verpflichten.

Wir haben hier eine rechtliche Lücke und jedes Unternehmen, das diese Lücke nutzt, macht dieses Problem größer. Deswegen fordern wir die Regierung auf, mit einer gesetzlichen Regelung nicht länger zu warten.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!