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20.02.2011

Soziale Kaltfront über Deutschland

Der Schneeregen vor den Fenstern der Reutlinger Uhlandhöhe passte zum Motto des politische Frühschoppens: über die „Soziale Kaltfront über Deutschland“ diskutierte die Reutlinger Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke mit Vertretern von AWO, Arbeiterbildung, Mütter- und Nachbarschaftszentrum und der Gewerkschaft ver.di. Der grüne Landtagskandidat Thomas Poreski moderierte den Gedankenaustausch der Fachleute.

Die Neuberechnungen der Hartz-IV Regelsätze sowie die Kürzungen im Rahmen des Sparpakets der schwarz-gelben Bundesregierung standen im Mittelpunkt des morgendlichen Gesprächs. Letztlich gehe es aber um mehr, machte Beate Müller-Gemmeke in ihrem Einstiegsstatement klar: „es geht um die soziale Verfasstheit unserer Gesellschaft“. Diese sei durch die soziale Kälte der Bundestagsmehrheit akut bedroht. Viele Beschlüsse gingen zu Lasten gerade von sozial Schwachen, insbesondere von Frauen und Alleinerziehenden.

Barbara Noack vom Mütter- und Nachbarschafszentrum präzisierte diese Kritik. Das angewendete Verfahren bei der Berechnung des ALG-II-Regelsatzes lasse Müttern viel zu wenig Spielraum, beispielsweise bei der Ernährung und Mobilität. Für besondere Bedarfe wie Kinderschuhe oder auch nur die Praxisgebühr fehle das Geld. Angesichts dessen sei es „eine Dreistigkeit, jetzt zu sagen: wir kürzen an dieser Stelle wegen Alkohol und Zigaretten“. Gisela Steinhilber, Geschäftsführerin der Arbeiterwohlfahrt, setzt ebenfalls nicht viel Hoffnungen in die Neuverhandlungen des Regelsatzes. Die Sozialverbände hätten sich über das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes anfangs „verhalten gefreut. Aber die Umsetzung wird nichts Gutes bringen“. Martin Groß, Geschäftsführer von ver.di Fils-Neckar-Alb beobachtete eine erschreckende „Herablassung, mit der mit Menschen an den Rändern der Gesellschaft umgegangen wird“. Dass die Kommunen landauf, landab Schulstarter-Pakete finanzieren müssen, um den Kindern wenigstens ansatzweise gleiche Startchancen zu gewähren, zeige woran beim Regelsatz nicht gedacht wurde. Auch Peter Langos von der Arbeiterbildung e.V. forderte vehement eine „korrekte Berechnung dessen, was ein Mensch zum Leben braucht“. Beate Müller-Gemmeke sicherte zu, die genannten Kritikpunkte in ihre politische Entscheidung einfliessen zu lassen. „Wenn die Berechnung des Regelsatzes diesmal wieder nicht verfassungsgemäß ausfällt, werden wir Grünen dem nicht zustimmen“.