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12.12.2016

Zusammenhalten für eine faire Arbeitswelt

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Wie gute Arbeit für alle erreicht werden kann, darüber diskutierten wir am 09. Dezember 2016 mit Betriebs- und Personalräten, mit Vertreterinnen und Vertretern der Gewerkschaften und der Wissenschaft. Der fachliche Austausch mit dem Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Fachtagung fand in drei Foren statt zu den Themen Mitbestimmung, Zeitsouveränität und Rente. Der Betriebsräte- und Gewerkschaftstag war anregend und interessant.

Populisten und Autokraten fordern unseren solidarischen und freiheitlichen Rechtsstaat heraus – und damit fordern sie uns alle heraus, so Kerstin Andreae MdB, stellvertretende Fraktionsvorsitzende zu Beginn ihrer Rede auf dem grünen Betriebsräte- und Gewerkschaftstag in Berlin. Umso wichtiger ist das Zusammenstehen aller Akteure für eine Gesellschaft, die frei und fair ist und die alle Menschen teilhaben lässt. Ein elementarer Baustein einer solchen Gesellschaft ist ein funktionierender und gerechter Arbeitsmarkt. Auch für Reiner Hoffmann, Vorsitzender des DGB, ist gute Arbeit der Kitt, der die Gesellschaft zusammenhält. Er forderte, den mitbestimmungspolitischen Stillstand zu beenden und das Tarifsystem zu stärken, zum Beispiel indem die Tarifverträge leichter allgemein verbindlich erklärt werden.

Denn auch wenn die Arbeitsmarktstatistik auf den ersten Blick gar nicht schlecht aussieht, so muss man beim näheren Hinsehen feststellen, dass sie die Wirklichkeit nur unzureichend abbildet. Wie tiefgehend die Spaltung ist, machte Prof. Stefan Sell in seiner Rede deutlich. Sei es die Lücke zwischen Männern und Frauen bei den Löhnen und Arbeitszeiten oder die Diskrepanz zwischen wachsender Erwerbstätigkeit und stagnierender Arbeitslosigkeit. Oder auch die auseinandergehende Schere zwischen dem Produktivitätswachstum und der realen Lohnentwicklung. Hier gibt es ein Auseinanderdriften, das auf Dauer nicht gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt sein kann.

 

Betriebsräte stärken

Mein Workshop – „Mehr Betriebsräte braucht das Land … damit die Beschäftigten auf Augenhöhe vertreten werden“ – war sehr gut besucht. Die betriebliche Mitbestimmung sorgt für gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne. Aber die Wahlen und die Arbeit von Betriebsräten werden zunehmend behindert – das habe ich zusammen mit Verena zu Dohna-Jaeger, Leiterin der Abteilung Mitbestimmung der IG Metall, und Christian Fath, Betriebsrat bei einem Callcenter-Unternehmen, diskutiert. Die Berichte aus der Praxis waren alarmierend: viele engagierte Betriebsrät_innen haben es schwer, oft wird ihre Arbeit von der Arbeitgeberseite boykottiert. Der Konsens über die Mitbestimmung wird brüchig, das war eindeutig. Die Betriebsrät_innen fühlen sich häufig hilflos in dieser Situation. Die schwierigste Phase ist, wenn sich die Beschäftigten auf den Weg machen, einen Betriebsrat zu gründen. Sie sind dann besonders von Benachteiligungen und auch Kündigungen bedroht. Gemeinsam wurde die grüne Forderung diskutiert, dass diese aktiven Beschäftigten einen besonderen Schutz bekommen sollen. Auch unsere Forderung, dass gewählte befristet angestellt Betriebsräte entfristet werden, hat viel Zustimmung gefunden. Als Fazit lässt sich festhalten, dass die Mitbestimmung in vielen Betrieben problematisch ist und an dieser Stelle vor allem die Politik gefragt ist, die Rahmenbedingungen für gute Betriebsratsarbeit zu verbessern.

 

Wandel der Arbeit gestalten

Einigkeit herrschte darüber, dass der Arbeitsmarkt geprägt ist von fundamentalen Wandelungsprozessen. Die Digitalisierung, die notwendige ökologische Modernisierung und der globale Handel sind Treiber dieses Wandels. Der grüne Anspruch an gute Politik ist es, eine Balance zu schaffen zwischen Ökologie und Ökonomie, wie auch zwischen Freiheit und Solidarität. Statt rückwärtsgewandter Parolen braucht es progressiver Antworten, damit davon alle profitieren.

In der Podiumsdiskussion diskutierte ich mit Reiner Hoffmann, Prof. Stefan Sell und Hans Speidel, Gründer und Geschäftsführer der Online-Plattform crowdguru.de über die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt. Die lebhafte Diskussion unter der Moderation von Kerstin Andreae umfasste unter anderem die Frage, inwiefern die bestehenden Arbeitsschutzvorschriften genügen oder weiterentwickelt werden müssen. Auch wurde besprochen, welche Relevanz die Solo-Selbständigkeit auf Online-Plattform tatsächlich hat und welcher Regulierungsbedarf daraus erwachsen könnte. Auch die aktuellen Forderungen der grünen Bundestagsfraktion im Antrag Arbeit 4.0 wurde natürlich diskutiert.

Für uns Grünen steht außer Frage, dass der Arbeitsmarkt vielfältig und beweglich sein muss. Dafür braucht er aber stabile soziale Leitplanken. Die Möglichkeiten der Beschäftigten über zentrale Belange mitzuentscheiden wollen wir ausbauen. Auch das Tarifsystem muss gestärkt werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass der Wandel der Arbeit allen Menschen zugutekommt. Uns ist jedoch bewusst, dass selbst die ambitionierteste Politik dafür allein nicht ausreicht. Sie braucht Gewerkschaften und Arbeitgeber, die ihrer Verantwortung gerecht werden. Sie braucht engagierte Betriebs- und Personalräte. Nur zusammen ist gute Arbeit für alle möglich.

 

Premiere: Erster Grüner Gewerkschaftstag