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05.07.2018

Zwischenfrage Plenardebatte zum Haushalt Arbeit und Soziales

In der Haushaltsdebatte hat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil eine hohe Tarifbindung angemahnt. Damit hat er Recht, aber nur davon zu reden ist einfach zu wenig. Seine Ausführungen konnte ich deshalb so nicht stehen lassen und habe ihm eine Zwischenfrage dazu gestellt. Ich habe ihn gefragt, warum er nichts unternimmt, dass Tarifverträge einfacher allgemeinverbindlich erklärt werden können, damit sie für alle Betriebe einer Branche gelten. Es war eine ganz konkrete Frage, die aber leider nicht beantwortet wurde.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Minister, ich kann Sie voll und ganz in Ihrer Aussage unterstützen, dass der Mindestlohn bei uns eine Untergrenze ist und dass es enorm wichtig ist, dass die Tarifbindung gestärkt wird. Als der Koalitionsvertrag vorgelegen hat, habe ich damals genau geschaut, was diese Bundesregierung machen wird, um die Tarifbindung zu stärken. Ich habe dazu leider nichts gefunden und frage ganz konkret, warum Sie sich beispielsweise nicht vornehmen, die Allgemeinverbindlicherklärung zu erleichtern. Wir merken heute, dass das damalige Tarifautonomiestärkungsgesetz in diesem Bereich nichts gebracht hat. Das heißt, wir brauchen hier Erleichterungen. Es geht beispielsweise darum, dass es immer noch ein Veto im Tarifausschuss geben kann. Durch das Erleichtern der Allgemeinverbindlichkeitserklärung könnte die Politik tatsächlich etwas bewegen und damit das Tarifsystem konkret und ganz praktisch von unten stützen. Warum werden Sie da nicht tätig?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales:

Frau Kollegin, ich möchte Ihnen an einem ganz konkreten Beispiel zeigen, wie ich in diesem Bereich gedenke voranzukommen, nämlich am Beispiel der Altenpflege. Ich habe in dieser Woche gemeinsam mit meinen Kollegen Jens Spahn und Franziska Giffey die Konzertierte Aktion Pflege vorgestellt – nicht um zu beweisen, dass diese Koalition handlungsfähig ist, sondern weil wir schon länger vorhatten, die Situation in der Pflege zu verbessern. Wir alle wissen: Wir haben mittlerweile auch deshalb einen Fachkräftemangel in der Altenpflege, weil die Bezahlung zu schlecht ist. Rund 80 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege – es sind vor allem Frauen – sind nicht tarifgebunden; das ist der Grund für die schlechte Bezahlung in der Altenpflege. Was machen jetzt wir in der Konzertierten Aktion Pflege? Artikel 9 Grundgesetz ermöglicht die Koalitionsfreiheit in diesem Land zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Daneben gibt es auch eine negative Koalitionsfreiheit.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]:

Das ist nicht die Antwort auf meine Frage!)

– Doch, das ist die Antwort. – Ich werde versuchen, mit dem Kollegen Spahn und der Kollegin Giffey zusammen dafür zu sorgen – wir haben in diesem Bereich kaum Arbeitgeberverbandstrukturen und zu niedrige gewerkschaftliche Organisationsgrade –, dass es im Bereich der Altenpflege zumindest mal einen Tarifvertrag gibt, der so repräsentativ ist, dass wir ihn mit geltendem Recht für allgemeinverbindlich erklären können. Erst wenn das nicht gelungen ist, bin ich bereit, darüber nachzudenken, was wir gesetzgeberisch machen müssen. Diese Aussage, zu der Sie mich jetzt provoziert haben, gibt mir übrigens die Chance, denjenigen, die sich auf der Arbeitgeberseite immer noch weigern, diesen Weg mitzugehen,

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Herr Brüderle!)

zu signalisieren: Macht euch selbst auf den Weg, sonst kommt der Gesetzgeber. Das ist der richtige Weg, den wir in der Koalition miteinander besprochen haben.