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31.07.2020

Albtour 2020 - Tag 9

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Der vorletzte Tag der Albtour begann auf dem Bauernhof der Werners in Strohweiler. Hier arbeiten Menschen mit Spaß am Bauerndasein, das spürten wir deutlich. Anschließend ging es zum Burrenhof bei Grabenstetten, wo wir Schatten und einen Imbiss in der Mittagshitze fanden. Im nahen Dörfchen Hülben tauchten wir dann bei den CMC Engineers in die Virtual Reality ab. Und zum Abschluss des Tages fuhren wir weiter nach Bad Urach, um zu sehen, wie es dem dortigen Jugendherbergsbetrieb in Corona-Zeiten geht.

„Werner Hof: Einer für alle, alle für einen“ prangt auf dem grünen T-Shirt von Peter Werner. Und natürlich ziert eine Kuh dieses Motto. Denn bei den Werners sind drei Generationen auf dem Hof unterwegs. Außerdem leben dort 150 Milchkühe, die pro Jahr rund 150 Kälber werfen. Peters Ehefrau Monika kümmert sich seit drei Jahren um die SoLaWi – die solidarische Landwirtschaft. Auf etwa einem halben Hektar baut sie zusammen mit derzeit 48 Personen aus den umliegenden Gemeinden übers Jahr rund 60 verschiedene Gemüse an. Gerade sind die Buschbohnen reif, und die Zucchini müssen fast täglich geerntet werden. Gegen einen Beitrag von zurzeit 55 Euro pro Monat bekommen die freiwilligen Mitarbeiter*innen wöchentlich eine Kiste mit Gemüse frisch vom Acker. Inzwischen, so erzählt Monika Werner, ist eine tolle Gemeinschaft entstanden.

Peter Werners Welt ist eher der Stall. Vor acht Jahren baute er seinen Kühen einen großen Stall mit viel Platz. Über eine Art Zugbrücke erreichen die Tiere von dort aus den Wellnessbereich, einen Laufhof, in dem immer ein frisches Lüftchen weht, wo sich so manche Kuh von Bürsten massieren lässt und aus einer Schlauchleitung kleine Kuh-Duschen bereitstehen. Heute, bei 30 Grad und mehr, tummeln sich so einige Rinder unter diesem Rieselwasser. Und eine versucht mit langer Zunge das Wasser aufzufangen. Es sieht aus, als ob sie uns dabei angrinst und Faxen macht. Nebenan ist der funkelnagelneue Mutter-Kind-Bereich. Hier gibt es einen Abkalbbereich, eine Box für die ersten zwei bis vier Wochen zusammen – und dann noch zwei Boxen nebeneinander, in denen Mutter und Kind getrennt voneinander leben und sich voneinander entwöhnen. Das fällt in der Regel den Mutterkühen schwer, weiß Peter Werner, und den Kälbern gar nicht. Fast wie bei den Menschen.

Tierwohl schreibt Werner groß. Und das Wohl der Insekten liegt ihm dabei auch am Herzen. Er ist einer, der das Blühstreifenprojekt „Blühende Alb“ vorantreibt. Mittlerweile sind es schon mehr als 150 Landwirte, die gemeinschaftlich Blühstreifen anlegen. Neu in diesem Jahr ist die Beteiligung von Gemeinden und Schulen an diesem Projekt. In drei Gemeinden werden Blühstreifen angelegt und mehrere Schulen haben schon angefragt. Die Landwirte nutzen ihre Ackerflächen nicht nur für die Lebensmittel- und Viehfutterproduktion, sondern stellen freiwillig einen Teil der Flächen in Form von Blühstreifen der Natur zur Verfügung. Und es sind Bienen, Schmetterlinge, Käfer und Vögel, die davon profitieren.

Bei den Engineers in Hülben begrüßt uns auch Bürgermeister Siegmund Ganser. Für seine Gemeinde entwerfen die drei Engineers-Gründern Julian Hermle, Max Hirlinger und Markus Kresel eine App, um für die archäologischen Funde in der Umgebung einen Keltenweg der anderen Art zu kreieren. Die App wird die Besucher*innen ab Herbst über einen Kelten -Rundweg führen. An neun verschiedenen Stationen können sich Interessierte per QR-Code einchecken, und dann beginnt die Keltentour. Ein Panorama zeigt die Umgebung, per Hörspiel wird Historisches erzählt und spannende Rekonstruktionen zeigen, wie es vor hunderten von Jahren hier ausgesehen hat. Und das Highlight ist dann die augmented Reality – beispielsweise ein keltischer Krieger, der mit ein paar technischen Tricks plötzlich zwischen mir und der Landtagskandidatin Cindy Holmberg stand. Die Kelten-App ist nicht das Hauptgeschäft der Engineers. Per Virtual Reality bringen sie Maschinen mit all ihren Finessen ins Tablet. Es ist völlig verstaubt, heutzutage mit einem Katalog zum Kunden zu kommen, um ihm die Produktpalette des Maschinenbauers zu präsentieren, sagt Hermle. Das passiert inzwischen in 3-D per Tablet. Hirlinger zeigt uns die 3D-Brillen mit denen Ingenieure inzwischen Maschinen auch virtuell entwickeln können. Als ich eine aufsetze, bin ich plötzlich in einer anderen Welt. Ich stehe in einer Lagerhalle voller Maschinen. Mit einem Tool kann ich mich in dieser neuen Realität an andere Orte beamen. Als ich plötzlich ganz oben auf einem Hochregal stehe, wird mir ganz anders. Virtualität kann ganz schön mulmige Gefühle produzieren.

Später in Bad Urach treffen wir  Cornelia Dreher und Luis Molina. Seit vier Jahren leiten die beiden die Jugendherberge in Bad Urach, ein Haus mit 135 Betten in 36 Zimmern. Schulkassen kamen hierher und lernten etwas über Natur und Umwelt. Auf dem Speiseplan gibt es regelmäßig Veggie-Days. Und im Kräutergarten hinterm Haus wurden Kräuterspiele gespielt. „Das war von Anfang an eine richtige Erfolgsgeschichte“, lobt Bad Urachs Bürgermeister, Elmar Rebmann, die beiden Herbergseltern. „Wir dachten immer, das ist ein völlig krisenfester Job“, erzählt Cornelia Dreher. Doch dann kam Corona. Das Haus musste schließen, alle Mitarbeiter*innen mussten in Kurzarbeit gehen. Und das war schwer. Denn da gab es auch viele alleinerziehende Mütter, die mit dem Kurzarbeitergeld kaum noch auskamen. „Sie lebten von der Hand in den Mund“, erzählt Dreher. Am 1. Juni war die Jugendherberge in Bad Urach eine von acht baden-württembergischen Jugendherbergen, die wieder öffnen durften. Seither kommen zaghaft wieder erste Gäste ins Haus. Für September haben sich schon erste Schulklassen aus NRW angemeldet. Baden-württembergischen Schulen ist die Klassenfahrt noch untersagt. Vom Jugendherbergswerk, so erzählt Molina, bekommen sie Postleitzahlen von den Gemeinden, aus denen sie keine Gäste aufnehmen dürfen. Es sei denn es liegt ein negativer Corona-Test vor, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Corona macht das Leben weiterhin schwer. Und niemand weiß, für wie lange.