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04.05.2020

Anhörung zum Antrag Arbeitsförderung und Beratungsqualität in den Jobcentern gesetzlich verbessern

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Die Arbeitsförderung in „Hartz IV“ muss fundamental neu ausgerichtet werden. Denn die gesetzliche Grundlage für die Beratung in den Jobcentern orientiert sich noch immer an der Idee der Aktivierung und einer möglichst schnellen Vermittlung in jedwede Arbeit. Diese Prinzipien werden den Menschen, die lange arbeitslos sind, nicht gerecht. Und sie produzieren Stress und Unsicherheiten für die Fachkräfte in den Jobcentern, die ihre Beratung gern individueller ausrichten würden. Die Anhörung zu meinem Antrag hat trotz Corona-Pandemie stattgefunden.

Mein Antrag zur gesetzlichen Verbesserung der Arbeitsförderung wurde in einer Anhörung von Expertinnen und Experten bewertet und diskutiert. Eine von ihnen war die von mir eingeladene Sachverständige Tina Hofmann vom Paritätischen Gesamtverband. Die öffentliche Anhörung des Ausschusses Arbeit und Soziales fand natürlich unter besonderen Bedingungen statt: Aus Gründen des Infektionsschutzes konnten maximal zwei Abgeordnete pro Fraktion vor Ort teilnehmen, einige der Sachverständigen wurden per Video zugeschaltet und Zuschauer_innen konnten die Sitzung nur über den Livestream des Bundestags verfolgen. Und doch war diese Anhörung ein Zeichen dafür, dass der parlamentarische Alltag – natürlich unter Sicherheitsvorkehrungen – funktioniert.

Kontrovers wurden wieder einmal die Sanktionen diskutiert. Vor allem die CDU und der Arbeitgeberverband bestehen auf deren Erhalt bis hin zu Totalsanktionen, damit sich „Mitwirkungsverweigerer“ nicht auf Kosten der Allgemeinheit ausruhen können. Dabei vergessen sie jedoch, dass der allergrößte Teil der arbeitslosen Menschen wieder eine sinnstiftende Aufgabe haben möchte. Für sie wirken die ständigen Sanktionsandrohungen zermürbend, ebenso wie die Annahme im Gesetz, dass Arbeitslosigkeit ein Individualproblem ist und sich mit genug Motivation lösen lässt. Tina Hofmann, Referentin für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik beim Paritätischen Gesamtverband, machte deutlich, was sich grundsätzlich ändern muss: „Wir brauchen eine Arbeitsförderung, die stärker individuell auf den Einzelnen schaut und eine Arbeitsförderung, die nicht über die Belange der Betroffenen hinweg organsiert“.  Außerdem müssten Sanktionen abgeschafft werden, als „grundlegende Voraussetzung dafür, dass Beratung tatsächlich mit Vertrauen stattfinden kann.“

Auch das wiederkehrende Argument, dass viele der Jobcenter schon kooperativ und langfristig beraten, überzeugt nicht. Denn es sind genau diese Fachkräfte in den Jobcentern, die sich zwischen den Vorgaben wie dem Vermittlungsvorrang, Eingliederungsvereinbarungen sowie Zielvorgaben und ihrem persönlichen Anspruch einer guten Beratung zerreißen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat darüber hinaus klargestellt, dass für eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt häufig geeignete Maßnahmen abseits von Standardprodukten fehlen und die jährliche Mittelzuweisung sowie die Controllingvorgaben die Arbeit erschweren.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil muss endlich aktiv werden und ein umfassendes Reformkonzept für das SGB II vorlegen. Wenn in diesem Jahr lediglich die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Sanktionen umgesetzt werden, greift das viel zu kurz. Stattdessen brauchen wir nach 15 Jahren Hartz IV dringend einen Perspektivwechsel, der den arbeitslosen Menschen und Fachkräften in den Jobcentern gleichermaßen gerecht wird!

Antrag Arbeitsförderung_Jobcenter