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17.10.2013

Sondierungsgespräche – keine Koalitionsverhandlungen mit der Union

Unsere Spitzenleute haben mit der Union zwei intensive Sondierungsgespräche geführt. Bei der Union war das Bemühen erkennbar und auch wir Grünen haben Offenheit signalisiert. Dennoch konnten entscheidende Differenzen zwischen CDU/CSU und uns Grünen in den Sondierungsgesprächen nicht aufgelöst werden. Vor allem die durch Mitgliederentscheid zentralen Regierungsprioritäten wären mit schwarz-grün nicht realisierbar gewesen. Deshalb wird der Bundesdelegiertenkonferenz am Wochenende vorgeschlagen, dass Koalitionsverhandlungen nicht aufgenommen werden.

Gerade in der uns besonders wichtigen Aufgabe des Klimaschutzes und der Energiewende hat die Union zwar Gesprächsbereitschaft bezüglich der Rücknahme von Ausnahmetatbeständen im EEG signalisiert und eine Absichtserklärung bei der Gebäudesanierung abgegeben. Aber allgemeine Ausbauziele konnten wir nicht verabreden. Das betrifft Fragen eines CO2-Mindestpreises oder der Mindestwirkungsgrade für Kraftwerke. Damit bliebe bei einer Zusammenarbeit der Systemkonflikt zwischen Erneuerbaren und Kohle ungelöst. Angesichts der Konflikte, die sich in den nächsten Jahren aus dem weiteren Zubau der Erneuerbaren Energien ergeben, sehen wir nach den beiden Gesprächen keine wirklich tragfähige Lösung für die Gestaltung der Energiewende über vier Jahre. Wie auf dieser Basis ein Anteil von 50 Prozent Strom aus Erneuerbaren Energien bis 2020 zu erreichen sein soll, blieb ebenso fraglich wie die Finanzierung eines Klimafonds für die energetische Gebäudesanierung. Auch bei den CO2-Obergrenzen für PKW und dem Abbau umweltschädlicher Subventionen brachten die Sondierungsgespräche kein belastbares Ergebnis.

Gleiches gilt bei der Schuldenbremse für Banken, einem restriktiven Rüstungsexportgesetz, der Einführung einer Bürgerversicherung und eines gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohns, bei der Abschaffung des Betreuungsgeldes sowie der Frage einer glaubwürdigen Finanzierung für Investitionen in Bildung und globale Gerechtigkeit, wie dem 0,7-Prozent-Ziel. Ebenso gab es keine Gesprächsbereitschaft über eine Anhebung der ALG II Regelsätze.

Bei Fragen der gesellschaftlichen Modernisierung gab es ein ernsthaftes Zugehen der Union auf unsere Positionen, aber weiterhin Dissens bei Grünen Kernanliegen. Weiterhin will die Union bei einigen Fragen sich lieber von der Rechtsprechung treiben lassen, als eigenständige Politik zu formulieren. Diese Erfahrung mussten wir in den Gesprächen bei der Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung, um eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und um die vollständige Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare machen. Auch gibt es keine konkrete Bereitschaft zu einer wirklichen Reform der europäischen Flüchtlingspolitik, jedoch eine Offenheit, über die Zukunft der Dublin II-Regelung zu sprechen, ohne dass hier schon Veränderungen absehbar wären. Ein Willen zur Veränderung zeigte sich allerdings bei der Abschaffung des Arbeitsverbots und der Residenzpflicht für Flüchtlinge.

Bei der Frage, wie Bund, gerade aber auch Länder und Kommunen ihre öffentlichen Aufgaben finanzieren sollen, blieb es – obwohl wir bereit waren, über das Wie zu reden, wenn wir uns über das Ob geeinigt hätten – bei unterschiedlichen Philosophien. Die Union möchte finanzielle Spielräume neben der Ausweitung der Maut ausschließlich über die Generierung von Wachstum bei gleichzeitiger Nullverschuldung erreichen. Wir Grüne setzen dagegen neben einer wirtschaftlichen Entwicklung auf zusätzliche Investitionen in Bildung, Betreuung, Klimaschutz und globale Gerechtigkeit, finanziert durch den Abbau von Subventionen und eine moderate Erhöhung der Staatsquote. Im Ergebnis wären bei der Union die finanziellen Spielräume nicht nur deutlich geringer ausgefallen, sondern in den nächsten zwei Jahren faktisch nicht vorhanden gewesen.
Ähnlich tiefgreifende Unterschiede in der Herangehensweise gibt es bei der Bewältigung der Euro-Krise. Unsere Auffassung bei der Frage eines Altschuldentilgungsfonds und bei einem Investitionsprogramm für die Krisenländer wurde abgelehnt. Die Überwindung der Eurokrise erfordert aber dringend eine Änderung der EU-Krisenpolitik und massive Investitionen.

Grüne Eigenständigkeit bedeutet, dass Inhalte entscheiden. Auf Grundlage der Ergebnisse dieser Sondierungsgespräche werden wir Grüne deshalb keine Koalitionsverhandlungen mit der Union aufnehmen.