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18.12.2012

Kommentar: Regierung schönt Armuts- und Reichtumsbericht

Alle Bundesregierungen müssen einmal einen Armuts- und Reichtumsbericht abliefern. Schwarz-Gelb hat bisher noch nicht geliefert, aber bereits im Vorfeld der Veröffentlichung für Entrüstung gesorgt. Kritische Passagen aus dem Vorentwurf wurden bei der Überarbeitung gestrichen. Ein kosmetisch aufgehübschter Armuts- und Reichtumsbericht verfehlt aber seine Aufgabe – deshalb fragen wir nach.

Es zählt zu den Erfolgen der rot-grünen Regierungsjahre, dass in Deutschland ehrlich und wissenschaftlich fundiert über die Verteilung gesellschaftlicher Armutsrisiken und die Verteilung der Vermögen berichtet wird. Seit einem Beschluss aus dem Jahr 2000 muss jede Bundesregierung diesen Bericht abliefern. Dies ist bisher bereits 2001 und 2005 durch Rot-Grün und 2008 durch die große Koalition geschehen. Die von CDU/CSU und FDP getragene Bundesregierung hat bisher noch keinen Bericht abgelegt.

Geschönte Aussagen, fehlende Handlungsempfehlungen

Man muss die Ursachen von Armut kennen, um sie effektiv überwinden zu können. Deswegen soll der Bericht über individuelle und kollektive Lebenslagen möglichst genau Auskunft geben. Schwarz-gelb aber scheut allem Anschein nach die gesellschaftliche Debatte über Armut. Bereits im Dezember 2011 wurde ein Schwerpunktwechsel im Armuts- und Reichtumsbericht angekündigt: Personengruppen werden nicht mehr gesondert betrachtet, sondern nur noch dort, wo nach Ansicht der Bundesregierung spezifische Benachteiligungen auftreten.

Am 17. September 2012 wurde dann endlich ein Vorentwurf des Berichts öffentlich. Kritische Passagen, wie zum Beispiel der Satz „die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt“ wurden aber in einer neuen Version vom 21. November einfach gestrichen. Auch die Handlungsempfehlungen von den Berichtsautoren fehlen in der überarbeiteten Version. Wahrscheinlich waren sie der Regierung zu unbequem – unter anderem sollten branchenspezifische Mindestlöhne durch eine allgemeine Lohnuntergrenze flankiert, der rechtliche Schutz von atypischen Beschäftigungsverhältnissen besser durchgesetzt und die Wirkung des Betreuungsgeldes auf die Erwerbstätigkeit von Frauen evaluiert werden. Alles sehr sinnvolle Forderungen – die insbesondere die FDP-Minister aber nicht gerne lesen.

Wir fragen nach

Wir werden uns mit dieser geschönten Variante des Berichts, die am 19. Dezember im Bundeskabinett beraten werden soll, nicht zufrieden geben. In einer umfangreichen Großen Anfrage fragen wir bei 66 Aspekten nach. Unter anderem wollen wir wissen, in welchem Maße zivilgesellschaftliche Organisationen bei der Erstellung des Berichts beteiligt waren. Wir fragen detailliert nach Armutsrisikoquoten, der Konzentration von Armut in Großstädten und nach den politischen Handlungsempfehlungen mit Bezug zu Löhnen und Arbeitsmarkt.

 

Große Anfrage