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25.04.2012

CDU-Lohnuntergrenze: Etikettenschwindel, kompliziert und halbherzig

Die Lohnuntergrenze der CDU ist eine Mogelpackung, die nichts mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu tun hat. Die Lohnuntergrenze soll nur gelten, wenn es in Branchen keine Tarifverträge gibt. Zudem soll es de facto mehrere CDU-Lohnuntergrenzen geben, da eine Differenzierung nach Branchen, Regionen und Arbeitnehmergruppen möglich ist. Wir wollen nach wie vor einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro, der von niemandem und keinem Tarifvertrag umgangen werden kann.

Zur Lohnuntergrenze der CDU erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte und Reutlinger Bundestagsabgeordnete:

Die Lohnuntergrenze der CDU ist ein Etikettenschwindel, der den Namen Mindestlohn nicht verdient. Ein gesetzlicher Mindestlohn ist per Definition der kleinste gesetzlich zulässige Lohn. Er muss flächendeckend und für alle Beschäftigten gleichermaßen gelten. Alles andere ist Augenwischerei und ein kompliziertes und bürokratisches Monster. Die CDU-Lohnuntergrenze ließe sich nur schwer kontrollieren und umsetzen.

Wir wollen – anders als die CDU – keine 100 verschiedenen Lohnuntergrenzchen die von Region zu Region, von Branche zu Branche und zwischen Arbeitnehmergruppen differenziert werden. Die CDU-Lohnuntergrenze mit Tarifvorrang wird auch nur eine begrenzte Wirkung zeigen, wenn extrem niedrige Tarifverträge bestehen bleiben. Ich kann mir niemanden vorstellen, der z.B. den ausgehandelten Tariflohn für das Friseurgewerbe in Sachsen von 3,05 Euro pro Stunde als fairen und auskömmlichen Lohn bezeichnen würde. Dieser Tarifvertrag hätte bei der CDU-Lohnuntergrenze weiterhin Bestand.

Zudem schafft die CDU mit dem Tarifvorrang bei ihrer Lohnuntergrenze ein Betätigungsfeld für Pseudogewerkschaften, die nichts anderes zum Ziel haben, als mit arbeitgeberfreundlichen Tarifen Lohndumping zu betreiben. Die Gefahr ist groß, dass eine Rechtsunsicherheit entsteht und unendliche Gerichtsverfahren folgen, wie es in der Leiharbeitsbranche der Fall war. Es stellt sich auch die Frage, ob die CDU-Lohnuntergrenze auch dann gilt, wenn in einer Branche Tarifverträge bestehen, die Arbeitgeber aber Tarifflucht begehen.

Wir Grünen haben vergangenes Jahr in einem Antrag im Deutschen Bundestag gefordert, dass der Mindestlohn über eine Mindestlohnkommission nach britischem Vorbild eingeführt wird. Diese Kommission setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und der Wissenschaft zusammen. Sie soll ein angemessenes und faires Niveau eines gesetzlichen Mindestlohns festlegen, das für alle gilt, nicht differenziert wird und 8,50 Euro nicht unterschreitet.