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03.07.2014

Erwerbslos in der Drehtür

Heute wurde der gesetzliche Mindestlohn beschlossen – das ist ein bedeutendes Ereignis. Lange haben wir darum gestritten und gekämpft. Nun wird es für viele Menschen endlich eine Unterkante beim Lohn geben. Ich habe für den Gesetzesentwurf gestimmt, aber ich habe auch massive Kritik. Vor allem die Ausnahmeregelungen sind nicht akzeptabel – besonders hart wird das sie Langzeitarbeitslosen treffen.

Zu den Ausnahmeregelungen beim Mindestlohn erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für ArbeitnehmerInnenrechte in der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen:

Ausnahmen beim Mindestlohn schwächen das Tarifsystem. Und bei Langzeitarbeitslosen sorgen sie dafür, dass diese Menschen zukünftig noch schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als heute schon. Außerdem sorgt diese Ausnahme dafür, dass weiterhin ein Niedrigstlohnsektor unterhalb des Mindestlohns auf dem Arbeitsmarkt existiert. Soziale Gerechtigkeit sieht anders aus und fair ist das nicht.

Künftig können Menschen, die langzeiterwerbslos sind, im ersten halben Jahr nach einer Einstellung weiterhin mit weniger als den Mindestlohn von 8,50 Euro angestellt werden. Das setzt Anreize für Unternehmen, einen zuvor Erwerbslosen nach sechs Monaten wieder zu entlassen, um jemand neues für wenig Geld zu beschäftigen. Damit drohen für Langzeiterwerbslose eindeutig Drehtüreffekte. Damit werden die Chancen für einen dauerhaften Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt noch geringer, denn diese Ausnahme fördert lediglich kurzfristige und instabile Beschäftigung.

Vor allem entstehen mit dieser Ausnahme völlig widersinnige Effekte. Denn nur Firmen, die nicht tarifgebunden sind, können Gebrauch von der Ausnahmeregelung machen und die Löhne bei Langzeitarbeitslosen oder Jugendlichen bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit unterschreiten. Alle anderen zahlen eh nach Tarif. Das schwächt das Tarifsystem anstatt es zu stärken. Auf diese Weise konterkariert die Bundesregierung das eigentliche Ziel des Tarifautonomiestärkungsgesetzes.

 

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