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10.01.2022

FAQ: Impfzweifel auf dem Prüfstand

Zur Corona-Schutzimpfung erreichen mein Büro viele E-Mails, Briefe und Anrufe, die die Sicherheit und Wirksamkeit der zugelassenen Impfstoffe, aber auch die Notwendigkeit der Impfung ganz grundsätzlich infrage stellen. Ich möchte dem entgegenwirken und deshalb habe ich die häufigsten Behauptungen anhand des wissenschaftlichen Erkenntnisstands überprüft. Richtig ist: Die Impfung schützt und die Auffrischungsimpfung ist gerade angesichts der Omikron-Variante wichtig. Ich habe im Dezember meine Booster-Impfung erhalten.

1. Behauptung: „Auch Geimpfte können sich anstecken, die Impfung macht deshalb keinen Unterschied.“

Die Behauptung, dass bei der Infektiosität zwischen geimpften und ungeimpften Personen kein Unterschied besteht, ist falsch. Geimpfte können sich zwar anstecken und auch das Virus weitergeben, allerdings deutlich seltener als Ungeimpfte. Trotz sogenannter Impfdurchbrüche ist es dennoch unstrittig, dass die in Deutschland zugelassenen Impfstoffe effektiv sind. Denn die Impfung schützt nicht nur gegen eine Infektion, sondern sie schützt insbesondere vor einem schweren Verlauf der Krankheit. Von einem milden Verlauf profitieren die Infizierten selbst, aber auch die Gesellschaft, denn das hilft, dass unser Gesundheitssystem nicht kollabiert.

2. Behauptung: „Die Impfungen wirken kaum. Sonst bräuchte es ja keinen Booster.“

Die Behauptung, dass die ersten zwei Schutzimpfungen nicht wirken, ist falsch. Eine Auffrischungsimpfung reduziert nochmals deutlich schwere Verläufe gegenüber der Erst- und Zweitimpfung und verringert auch das Risiko, andere Menschen anzustecken. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission mittlerweile allen, bei denen die zweite Impfung etwa drei Monate zurückliegt, eine sog. Booster-Impfung. Das ist besonders jetzt in der vierten Welle von enormer Bedeutung für das gesamte Infektionsgeschehen. Erste Studienergebnisse zeigen zudem, dass die Drittimpfung auch bei der neuen Omikron-Variante gut gegen eine schwere Erkrankung schützt. Generell werden Auffrischungsimpfungen wie bei der Grippeschutzimpfung auch bei der Covid-Impfung künftig weiterhin eine Rolle spielen, um den Impfschutz an neue Varianten anzupassen und Infektionen vorzubeugen.

3. Behauptung: „Die Entwicklung der Impfstoffe ging zu schnell.“

Impfstoffe werden in Deutschland nur dann zugelassen, wenn sie erfolgreich drei klinische Studienphasen bestanden haben. Das ist ein komplexer Prozess, der mehrere Jahre dauern kann. Die neuen Impfstoffe gegen das Corona-Virus sind zügiger entwickelt und getestet worden. Dabei hat aber insbesondere die Priorisierung der Impfstoffentwicklung aufgrund der gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Pandemie die am Entwicklungsprozess beteiligten Expert:innen dazu veranlasst, ihre Zusammenarbeit enger und die Prozesse effizienter zu gestalten. Die schnelle weltweite Ausbreitung der Pandemie hat auch in kürzester Zeit die Möglichkeit eröffnet, die Impfstoffe ausreichend zu testen. Außerdem haben auch die finanzielle Sicherheit durch enorme staatliche Hilfen, die Vermeidung bürokratischer Hürden und die Zusammenlegung klinischer Prüfungsphasen eine Rolle gespielt. Die Wissenschaftler:innen konnten außerdem auf Forschungsvorarbeiten zu anderen Corona-Viren und auf die Erfahrungen mit der mRNA-Technologie aufbauen, an der bereits seit rund 30 Jahren – unter anderem zur Bekämpfung von Krebserkrankungen – geforscht wird.

4. Behauptung: „Die Impfstoffe haben nur eine Notfallzulassung.“

Das ist falsch. Notfallzulassungen, so wie sie in Großbritannien oder den USA erteilt wurden, gibt es bei uns in der EU nicht. Die Europäische Union hat stattdessen eine bedingte Marktzulassung für Covid-Impfstoffe erteilt, die auf ein Jahr begrenzt ist und verlängert werden kann. Eine bedingte Zulassung ist an verschiedene Auflagen geknüpft und kann im Interesse der Allgemeinheit für ein Arzneimittel erteilt werden. Sie dient nur dem Zweck, die Zulassung von Arzneimitteln wie Impfstoffen gegenüber einer ordentlichen Zulassung zu beschleunigen. Die beinhaltet aber sämtliche entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen, Kontrollen und Verpflichtungen und Nachweise wie Impfstoffkandidaten mit ordentlicher Zulassung. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA verlangt von den Herstellern darüber hinaus auch nach erfolgter Zulassung die ständige Zulieferung weiterer Daten.

5. Behauptung: „Es gibt keine Langzeitstudien zu Nebenwirkungen der Impfung.“

Die Sorge ist unberechtigt. Denn spät einsetzende Nebenwirkungen, sogenannte Langzeitnebenwirkungen, die erst Monate oder Jahre nach der Impfung auftreten, sind in der Impfstoff-Forschung nicht bekannt und ganz allgemein noch bei keiner Impfung überhaupt beobachtet worden. Eventuelle Impfreaktionen treten innerhalb von wenigen Tagen nach Verabreichung des Impfstoffs auf. Fakt ist: Die gegenwärtig zugelassenen Covid-Impfstoffe wurden und werden umfangreich untersucht und getestet, zumal in Deutschland inzwischen mehr als 130 Millionen und weltweit mehr als vier Milliarden Impfdosen verabreicht wurden. Die Impfstoffe in Deutschland werden darüber hinaus auch nach der Zulassung weiterhin aktiv durch das Paul-Ehrlich-Institut überwacht. Von einer mangelhaften Studienlage kann deshalb keine Rede sein.

6. Behauptung: „Die neuen Impfstoffe machen Frauen unfruchtbar.“

Das ist falsch. Leider kursiert diese Behauptung seit einiger Zeit im Internet und in den sozialen Medien. Dabei handelt es sich um eine Fehlinformation, denn die Sorge um einen Einfluss der Impfung gegen Covid-19 mit mRNA- oder Vektor-Impfstoffen auf die weibliche – und auch auf die männliche – Fruchtbarkeit ist laut Wissenschaftler:innen unbegründet. Das haben die im Rahmen der Zulassung durchgeführten Studien zu mRNA- oder Vektor-Impfstoffen ergeben. In wenigen Fällen berichten Frauen von Zyklusstörungen durch die Impfung. Diese Beobachtungen gibt es auch bei anderen Impfungen, allerdings sind sie vorübergehend und haben keinerlei Einfluss auf die Fruchtbarkeit. Die Ständige Impfkommission empfiehlt die Covid-Schutzimpfung zudem ausdrücklich für Frauen im gebärfähigen Alter, insbesondere mit Kinderwunsch, da die Impfung bei einer künftigen Schwangerschaft bereits ab Befruchtung gegen eine Corona-Erkrankung schützt.

7. Behauptung: „Durch die Impfung mit einem mRNA-Impfstoff ändert sich das Erbgut.“

Das ist falsch. Es besteht keine Gefahr, dass die menschliche DNA durch den Impfstoff manipuliert wird. Denn die sogenannte messenger-RNA wird mit der Impfung in die Zellen eingeschleust und dort lediglich in Proteine übersetzt. Die mRNAs können weder von unseren Zellen in DNA umgewandelt werden, noch kann die mRNA zum isolierten Zellkern, in dem unser Erbgut liegt, vordringen. Daher besteht auch keine Gefahr, dass der Impfstoff etwas an unserem Erbgut verändern könnte. Generell wirkt ein Covid-Impfstoff dadurch, dass der Körper mit der Oberflächenstruktur des Erregers Sars-CoV-2 bekannt gemacht wird, was dafür sorgt, dass das Immunsystem eine Reaktion darauf zeigt. Der Körper bildet infolge dessen Antikörper und unser Immunsystem, dem also Teile der Oberflächenstruktur des Erregers nun bekannt sind, kann schneller reagieren. Es wird in unserem Immunsystem zudem eine Erinnerung hinterlegt, die bei einer erneuten Infektion vor dem Virus schützt. Nach kurzer Zeit und einigen „Ablesevorgängen“ baut der Körper die mRNA wieder ab.

8. Behauptung: „Ich vertraue diesen neuen Impfstoffen gegen das Corona-Virus nicht, ich warte lieber auf einen Totimpfstoff.“

Es gibt immer noch Menschen, die noch immer den bisher zugelassenen Corona-Impfstoffen misstrauen, trotz aller verfügbaren Informationen zur Sicherheit. Sie warten deshalb auf die Zulassung eines Proteinimpfstoff, der manchmal auch als Totimpfstoff bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um einen Impfstoff, der aus inaktivierten Corona-Viren oder Corona-Virus-Bestandteilen besteht und dem noch ein Wirkverstärker beigefügt wird. Die Entwicklung solcher weiterer Impfstoffkandidaten ist wichtig. Für den Proteinimpfstoff der US-Firma Novavax hatte die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) bereits im Dezember eine bedingte Zulassung empfohlen. Inzwischen hat sich auch die Ständige Impfkommission (STIKO) mit einer Empfehlung für den Einsatz des Corona-Impfstoffs von Novavax für Menschen ab 18 Jahren ausgesprochen, ausgenommen sind Schwangere und Stillende. Der Impfstoff soll ab dem 21. Februar in Deutschland verfügbar sein. Das ist wichtig, denn es geht jetzt darum, schnell die Impfquote zu erhöhen. Wie gut das neue Mittel vor der erst Ende November entdeckten Corona-Virus-Variante Omikron schützt, ist aktuell allerdings noch unklar. Von den mRNA-Impfstoffen wissen wir, dass gerade mit der Auffrischungsimpfung auch bei der Omikron-Variante ein effektiver Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf besteht.

9. Behauptung: „Ich bin kerngesund und habe ein starkes Immunsystem. Ich brauche die Impfung nicht.“

Das ist falsch. Es ist ein Trugschluss, dass vermeintlich gesunde und immunstarke Menschen von einer Corona-Erkrankung nichts zu befürchten haben. Richtig ist zwar, dass Menschen mit geschwächtem Immunsystem einem deutlich erhöhten Risiko hinsichtlich einer Corona-Erkrankung ausgesetzt sind gegenüber Menschen mit einem starken Immunsystem. Ein funktionierendes Immunsystem ist insofern zwar grundsätzlich gut, bedeutet aber nicht zwangsläufig auch einen milden Verlauf. Studien geben Hinweise darauf, dass die Menge an eingeatmeten Aerosolen Einfluss auf den Krankheitsverlauf haben – und das lässt sich kaum von der Immunstärke eines Menschen beeinflussen. Viele weitere Mechanismen sind noch gar nicht abschließend geklärt. Auch junge, gesunde Menschen können schwer erkranken. Ein starkes Immunsystem schützt definitiv nicht, eine Impfung dagegen schon. Zudem schützt die Impfung vor einem schweren Verlauf und das hilft, dass unser Gesundheitssystem nicht  kollabiert. Die Covid-19-Impfung ist und bleibt ein enorm wichtiger Bestandteil zur Eindämmung der Pandemie zum Schutz unserer Gesellschaft.

Weitere ausführliche Informationen zur Covid-Impfung und den zugelassenen Impfstoffen sind insbesondere auf den Internetpräsenzen des Robert-Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Institut abrufbar, die auch Quellengrundlage für die hier dargestellten Informationen sind:

Robert-Koch-Institut

Paul-Ehrlich-Institut