Inhalt

09.02.2012

Kleine Anfrage: CGZP-Urteil

Der CDU/CSU-Wirtschaftsflügel wollte einen Rettungsschirm für die „gebeutelten“ Leiharbeitsfirmen. Das war Anlass genug bei der Bundesregierung nachzufragen, wie sie darüber denkt und wie der Stand der Betriebsprüfungen ist. Endlich kommen die Prüfungen in Gang, aber die Nachforderungen bleiben unter dem erwarteten Ergebnis. Ich bleibe dabei – Lohndumping ist kein Kavaliersdelikt.

Lohnhndumping ist kein Kavaliersdelikt. Daher kann es nicht angehen, dass Leiharbeitsunternehmen, die jahrelang von den Gefälligkeitstarifverträgen der „Christlichen Gewerkschaft für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen“ (CGZP) profitiert haben, jetzt ungeschoren davonkommen sollen. Dem Wirtschaftsflügel der CDU/CSU wäre das jedoch sehr lieb. Denn obwohl das Bundesarbeitsgericht der CGZP ihre Tariffähigkeit abgesprochen hat, fordert er gesetzliche Regelungen, um die Rückwirkung dieses Urteils zu verhindern.

In einer Kleinen Anfrage fragten wir die Bundesregierung daher, wie sie die geforderte Generalklausel beurteilt, mit der Leiharbeitsbetriebe zukünftig vor Beitragsnachforderungen der Sozialversicherungsträger geschützt werden sollen. Auf die Generalklausel geht die Bundesregierung nicht ein. Sie macht jedoch deutlich, dass die Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen und der Fortbestand von Leiharbeitsunternehmen für sie von „gleichermaßen hoher Bedeutung“ ist. Und sie betont, ebenso müsse darauf geachtet werden, „dass die Beitragsforderungen nicht zu einer wirtschaftlichen Schieflage der Zeitarbeitsbranche führen, die erheblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung hat.“ Dass zu diesem Aufschwung in erster Linie Leiharbeitskräfte beigetragen haben, ficht die Regierung nicht an. Daher interessiert sie sich auch in keiner Weise für die wirtschaftliche Schieflage, in die Leiharbeitskräfte aufgrund der schlechten Bezahlung geraten sind. Faire Arbeitsbedingungen und Equal pay scheinen der Bundesregierung egal zu sein. Stattdessen möchte sie der gebeutelten Leiharbeitswirtschaft unter die Arme greifen. Denn, so ihre Antwort, in Fällen besonderer Härte könnten diese ja versuchen, Zahlungsaufschub zu bekommen. Werden diese Anträge auf Stundung bzw. Aussetzung bewilligt – dann zahlt wieder einmal die Versichertengemeinschaft. Auch das ist nicht fair.

613 Betreibe überprüft – bisher 14,4 Millionen Beitragsnachforderungen

Geprüft wurden im Jahr 2011 von der Deutschen Rentenversicherung insgesamt 829.051 Betriebe. Mit Prüfungen aufgrund der Folgen des CGZP-Beschlusses begann die Rentenversicherung im Juli 2011. Bis zum 13. Januar 2012 waren 613 dieser Prüfungen abgeschlossen. Insgesamt sind nach Regierungsangaben rund 3.100 Arbeitgeber betroffen. In der Mehrzahl dieser Unternehmen wurde mit einer Betriebsprüfung begonnen.

Bei den bisher überprüften Betrieben wurden in 361 Fällen Beitragsnachforderungen erhoben. Diese beliefen sich auf rund 14,4 Millionen Euro. Insgesamt rechnet die Deutsche Rentenversicherung mit Beitragsnachforderungen bei allen 3.100 Arbeitgebern von voraussichtlich etwa 660 Millionen Euro. Wissenschaftler hatten aber weit höhere Nachforderungen berechnet.

Völlig im Dunklen bleibt, nach welchem System die Nachforderungen berechnet und wie viele „Verleihvorgänge“ geprüft wurden. Der Bundesregierung liegen dazu wieder einmal keine Erkenntnisse vor. Da werden wir nach einer gewissen Zeit nochmals nachfragen.

Ganz im Gegensatz zu den Befürchtungen des CDU/CSU-Wirtschaftsflügels hat das Urteil des Bundesarbeitsgerichts bisher zu keiner einzigen Insolvenz bei den Leiharbeitsfirmen geführt. Insgesamt führte die Rentenversicherung 71 Insolvenzprüfungen durch. Doch nach Angaben der Bundesregierung ist nicht bekannt, ob der CGPZ-Beschluss ursächlich für den Insolvenzantrag war.

Außerdem hat die Deutsche Rentenversicherung in keinem Fall bei Prüfungen infolge des CSZP-Urteils aufgrund eines „unverhältnismäßigen Aufwands“ zur Ermittlung der Equal-Pay-Ansprüche auf eine Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verzichtet. Wie viele Klagen von Arbeitnehmerseite in punkto Equal pay eingereicht wurden, ist der Bundesregierung auch nicht bekannt.

Leiharbeit boomt weiterhin

Die Leiharbeitsbranche an sich scheint sich von dem CGZP-Urteil vollständig erholt zu haben. Sie boomt weiterhin. Arbeiteten 1998 noch 245.780 Beschäftigte in dieser Branche, so waren es 2008 schon 760.604. In der Krise ging die Zahl zurück, aber im Juni 2011 waren schon wieder 820.664 Menschen sozialversicherungspflichtig als Leiharbeitskräfte beschäftigt. Weitere 58.676 Menschen arbeiteten ausschließlich geringfügig in der Branche. Jede 12. Leiharbeitskraft bezieht aufstockend Arbeitslosengeld II und den Staat kostet dies immerhin rund 420 Millionen Euro pro Jahr. Das ist und bleibt zu viel!

Gleichzeitig stieg die Zahl der Unternehmen, die eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung haben. Waren es im März 2011 noch 17.621 Leiharbeitsfirmen so stieg diese Zahl bis zum 23. Januar 2012 auf 18.404 Unternehmen. Leiharbeit lohnt sich also immer noch. Uns Grüne ist ein Mindestlohn in der Branche zu wenig – wir fordern weiterhin „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“!

Kleine Anfrage