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24.07.2013

Kleine Anfrage: Ministerien beschäftigen atypisch

Die Bundesregierung und die Ministerien haben eine Vorbildfunktion. Deshalb wollte ich mit einer Kleinen Anfrage wissen, wie sich die Bundesregierung gegenüber Beschäftigten verhält, welche Konflikte es in Ministerien gibt und wo Verbesserungsbedarf aus Sicht der Beschäftigten besteht. Denn gerade die Bundesregierung muss ihrer Schutzfunktion gegenüber Beschäftigten gerecht werden.

Besonders erschreckend ist die Befristungspraxis bei Neueinstellungen. Das zeigen die Antworten der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage. Sowohl in Bundesministerien als auch in nachgeordneten Behörden ist die Befristung von Arbeitsverhältnissen die Regel. Während 2012 deutschlandweit 44 Prozent der Neueinstellungen befristet wurden, hatten in Bundesministerien 74 Prozent und in nachgeordneten Behörden sogar 78 Prozent der neuen Beschäftigungsverhältnisse ein Verfallsdatum.

Die Befristungspraxis der Bundesregierung ist ein Skandal. Sie scheint das Wohlergehen ihrer eigenen Beschäftigten völlig aus dem Blick verloren zu haben. Nur 22 Prozent der 2012 Neueingestellten haben ein sicheres Arbeitsverhältnis und damit eine solide Basis für ihre Familien- und Lebensplanung. Alle anderen leben in Unsicherheit und können ihr Leben nur bis zum Ende des Befristungszeitraumes planen. Mit dieser Befristungspraxis umgehen die Ministerien und Behörden auch den Kündigungsschutz zu Lasten der Beschäftigten. Damit wird die Bundesregierung ihrer Schutzfunktion für die eigenen Beschäftigten nicht gerecht. Vor allem ignorieren die Bundesministerien und Behörden mit dieser Einstellungspraxis ihre Vorbildfunktion. Es ist ein fatales Signal, wenn eine Bundesregierung den eigenen Beschäftigten soziale Sicherheit verweigert.

Deshalb wundert es auch nicht, dass es vielfältige gerichtliche Konflikte gab zwischen der Bundesregierung und den Beschäftigten in Ministerien und deren nachgeordneten Behörden. Zwischen 2005 und 2013 wurden 315 Verfahren vor Gericht ausgetragen. Dabei ging es in 220 Fällen um die Entfristung von Arbeitsverhältnissen. Zahlreiche Verfahren gingen bis in die zweite Instanz und 8 Verfahren wurden sogar vor dem Bundesarbeitsgericht verhandelt. Das ist ein Armutszeugnis für eine Bundesregierung.

Für die gerichtlichen Auseinandersetzungen mussten die Steuerzahler von 2005 bis heute 180.000 Euro aufbringen. Die Honorare flossen an insgesamt 54 Rechtsanwaltskanzleien, die die Bundesregierung vor Gericht vertraten.

Die Antwort auf die Frage, wie viele Kontrollen es bezüglich der Einhaltung von geltendem Arbeitsrecht in Bundesministerien und nachgeordneten Behörden gab, war verblüffend. Von 2005 bis heute wurden im Geschäftsbereich des Bundesverkehrs- und Bauministeriums 163 Kontrollen durchgeführt. Alle anderen Ministerien und nachgeordneten Behörden wurden nicht kontrolliert. Auch Beschäftigten in Ministerien und nachgeordneten Behörden haben das Recht, dass ihre Arbeitsbedingungen kontrolliert werden.

Den Trend, dass psychische Krankheiten in der Arbeitswelt massiv an Bedeutung gewinnen, scheint die Bundesregierung überhaupt nicht zu interessieren, denn sie antwortet: „die Bundesregierung hat keine Kenntnis über die Anzahl der psychischen Erkrankungen der Beschäftigten in einzelnen Ressorts…“. Das muss kritisiert werden, zumal es dort eine höhere Zahl von Krankheitstage gibt. Deutschlandweit waren die Beschäftigten durchschnittlich 14,2 Tage pro Jahr krank. In Bundesministerien waren die Beschäftigten durchschnittlich 15,3 Tage zwischen 2005 und 2011 krank.

Die Bundesregierung muss die Interessen ihrer eigenen Beschäftigten stärker in den Fokus nehmen. Notwendig sind Beschäftigungssicherheit und faire Arbeitsbedingungen. Die Beschäftigten haben Wertschätzung und Anerkennung verdient.

 

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Kleine Anfrage

Medienbericht: Süddeutsche Zeitung