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22.11.2010

Kommentar: Anhörung - Kritik an Hartz-IV-Reform

Die Anhörung im Bundestag zu der Neuberechnung der Hartz-IV-Sätze war interessant und hat vor allem viel Kritik am Gesetzesentwurf der Bundesregierung aufgezeigt. Viele der geladenen Sachverständigen waren sich einig: die Bundesregierung muss befürchten, dass sie aufgrund erheblicher Mängel bei der Neuberechnung eine weitere Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht kassieren. Auch wir Grüne kritisieren die Vorgehensweise der Bundesregierung.

Nachdem das Bundesverfassungsgericht bereits im Februar 2010 die bisherige Berechnung der Regelsätze für verfassungswidrig erklärt hat, kommt jetzt wieder erhebliche Kritik. Die Experten bemängeln, dass jetzt die untersten 15 Prozent der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) als Grundlage genommen wurden, wogegen die untersten 20 Prozent notwendig sind, um Zirkelschlüsse zu vermeiden. Damit ist ein menschenwürdiges Leben und Teilhabe gefährdet. Außerdem werden die so genannten „verdeckten Armen“ in der EVS nicht heraus gerechnet, also Menschen, die zwar Anspruch auf Hartz IV hätten, vor Scham oder Unwissenheit aber kein Geld beantragen. Das könnten nach Schätzungen bis zu 5 Millionen Menschen sein. Bemängelt wurde auch, dass viele Leistungen wie zum Beispiel für Alkohol, Tabak oder Blumen gestrichen wurden. Damit würde den Hartz-IV-EmpfängerInnen die Möglichkeit entzogen, nach eigenem Willen auf etwas zu verzichten und das Geld für wichtigere Dinge auszugeben. Diesen „internen Ausgleich“ verlangt aber das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Bundesregierung hat die Kritik geflissentlich überhört – wird der Gesetzesentwurf vom Bundesrat abgelehnt, liegt es am Vermittlungsausschuss, ob die Ärmeren in unserer Gesellschaft gerecht behandelt werden.