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25.02.2011

Kommentar: Hartz-Kompromiss nicht akzeptabel

Bei der namentlichen Abstimmung über den Hartz-Kompromiss hat die grüne Fraktion geschlossen mit „Nein“ gestimmt. Ich kann einer Neuberechnung des Regelsatzes nicht zustimmen, bei der die Gefahr besteht, dass diese Neuberechnung erneut beim Bundesverfassungsgericht durchfällt. Insgesamt geht der Kompromiss beim ALG-II-Regelsatz zu Lasten der Betroffenen. Dem müssen verantwortungsbewusste Grüne die Zustimmung verweigern.

Die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses sind kein Erfolg sondern ein Pyrrhussieg, denn die schwarz-gelbe Bundesregierung hat mit ihrer kategorischen Blockadehaltung meiner Meinung nach einen verfassungskonformen Regelsatz verweigert. Union und FDP sind zu keiner Zeit ernsthaft bereit gewesen, über eine verfassungsfeste Berechnungsgrundlage zu sprechen. Union und FDP haben zur Berechnung des Regelsatzes nicht die 20% sondern nur 15% der niedrigsten Einkommen herangezogen und zudem haben sie nicht aufstockende und in verdeckter Armut lebende Menschen heraus gerechnet, obwohl sie weniger als das menschenwürdige Existenzminimum zum Leben haben. Zudem wurde das Statistikmodell willkürlich um Leistungen gemindert. Alls dies haben wir im parlamentarischen Verfahren und auch im Vermittlungsausschuss kritisiert, eine Korrektur blieb jedoch bis zuletzt aus.

Auch beim Mindestlohn hat sich Schwarz-Gelb aus ideologischen Gründen wenig bewegt. Es soll zwar eine Lohnuntergrenze bei der Leiharbeit geben, aber dies ist eine Selbstverständlichkeit mit Blick auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit im Mai 2011. Mindestlöhne in der Weiterbildung und im Sicherheitsgewerbe sollen eingeführt werden, aber auch dies ist kein wirklicher Fortschritt, denn beide stehen schon im Arbeitnehmer-Entsendegesetz und müssen nur noch von der Bundesregierung akzeptiert werden. Vor allem aber wurde die Durchsetzung des Grundsatzes „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ in der Leiharbeitsbranche vertagt – dabei ist gerade dies eine extrem wichtige Forderung, um die Benachteiligung der Leiharbeitskräfte endlich zu beenden.

Einige wichtige Änderungen wurden erreicht: Das Bildungs- und Teilhabepaket wird von den Kommunen organisiert und nicht von den Jobcentern, wie sich dies die Arbeitsministerin vorstellte. Die Leistungen des Paketes kommen nun auch Kindern in Familien mit geringen Einkommen zu Gute, das stärkt ihre gesellschaftliche Teilhabe. Ein weiterer Erfolg ist, dass von den unsinnigen und unsozialen Plänen abgerückt wurde, die Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten auf die Hartz IV-Leistungen anzurechnen. Die Erfolge reichen aber für eine Zustimmung nicht aus.

Es ist gut, dass der Bund die Kosten für die Grundsicherung im Alter endlich übernimmt. Diese finanzielle Entlastung der Kommunen darf jedoch nicht – wie geplant – auf Kosten sozial- und arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit gehen. Vor allem aber wurde die notwendige Entlastung der Kommunen sachfremd mit der Neuberechnung der Regelsätze verbunden. Wir sind für eine Entlastung der Kommunen und für einen Regelsatz, der eine gesellschaftliche, politische und kulturelle Teilhabe ermöglicht. Beide Themen dürfen nicht mit einander verbunden und auch nicht gegeneinander ausgespielt werden.