Inhalt

23.11.2019

Kundgebung und Veranstaltung #NetzohneGewalt #nohatespeech

19-11-23_4_Podium 19-11-23_2_AnneWizorek 19-11-23_3_location 19-11-23_1_Ricarda_Beate 19-11-23_5_Rede_hatespeech 19-11-23_6_Kundgebung
<
>

Bei der tollen Abendveranstaltung hat Anne Wizorek den Aufruf #netzohnegewalt vorgestellt und danach durfte ich die sehr gute und differenzierte Diskussion über digitale Gewalt moderieren, an der neben Anne Wizorekt auch Ricarda Lang (frauenpolitische Sprecherin der Grünen) und Sabrina Staats (Juristin aus Hessen) teilgenommen haben. Der Ort der Veranstaltung war ein besonderer und zwar das noch im Umbau befindliche Café Wagner. Am Nachmittag gab es noch die #nohatespeech-Kundgebung auf dem Marktplatz mit Ricarda Lang, Sabrina Staats, Susanne Häcker und vielen weitere Frauen.

Meine Rede bei der Kundgebung auf dem Marktplatz:

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

Hass und Hetze im Netz, das ist nicht allein ein virtuelles Problem, sondern das vergiftet auch das Miteinander im Alltag, im realen Leben. Bei Hate Speech geht es darum, anderen Menschen ihre Würde, ihre Menschlichkeit und ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit abzusprechen. Natürlich erfahren auch Männer Hass im Netz, doch die verbalen Angriffe, die Frauen entgegenschlagen, sind anders. Frauen werden auf ganz besondere Weise gedemütigt. Es geht häufig um das Aussehen, um den Körper der Frauen, der verletzt werden soll. Es wird ihnen fast immer mit sexueller Gewalt gedroht. Es geht um sie – ganz persönlich. Hate Speech – das ist nichts anderes als eine moderne Form der Hexenjagd.

Egal, ob sie Greta Thunberg, Renate Künast, Ricarda Lang, Katharina Schulze, Claudia Roth oder Anja Reschke heißen, im Internet wurden sie alle schon mit Mord- und Vergewaltigungsfantasien bedroht und gedemütigt. Die Angriffe und Beschimpfungen gegen Frauen sind ein übles Gemisch aus Hass und Gewalt. Es ist eine sexistische und gewaltverherrlichende Welt, die sich in den Kommentarspalten von Twitter und Facebook auslebt. Und das Perfide daran ist, dass Anzeigen meist erfolglos bleiben und im Sande verlaufen. Wir müssen deshalb die betroffenen Frauen stärken. Unsere Antwort darauf kann nur Solidarität sein.

Eine Studie von Amnesty International hat Anfeindungen gegenüber Frauen im Netz untersucht und dabei festgestellt, dass neben Journalistinnen und Aktivistinnen insbesondere Politikerinnen Zielscheibe verbaler Attacken sind. Verwoben sind die Angriffe oft mit anderen Diskriminierungsformen, vor allem mit Rassismus und Antisemitismus. Ziel der Attacken ist es, laut Amnesty, Frauen einzuschüchtern, sie sollen sich abgewertet und herabgesetzt fühlen, damit sie verstummen. Aber diese Strategie darf nicht aufgehen und sie wird auch aufgehen, denn wir Frauen sind stark!

Katharina Schulze, unsere grüne Spitzenkandidatin in Bayern, hat das im eigenen Twitter-Account zur Genüge erleben müssen. Hasskommentare hat sie schon länger bekommen. Doch im Landtagswahlkampf 2018 nahmen diese Attacken extremste Formen an. Fast täglich waren es dann Vergewaltigungs- und Mordandrohungen. Eine Londoner Denkfabrik, die diesen Wahlkampf und die Hass-Kommentare analysiert hat, kommt zu dem Ergebnis: Katharina Schulze sollte gezielt mundtot gemacht werden. Und verantwortlich dafür war eine gesteuerte Kampagne internationaler rechter Aktivisten. Das hat aber nicht funktioniert, denn Frauen lassen sich nicht einschüchtern und auch nicht entmutigen!

Selbst dann nicht, wenn deutsche Gerichte den Frauen nicht zur Seite stehen. Unlängst hat das Landgericht Berlin entschieden, dass es „sachbezogene Kritik“ sei, wenn Renate Künast im Netz als „Schlampe“, „Stück Scheiße“ oder „Sondermüll“ bezeichnet wird. Die Beschimpfung „Drecks Fotze“ – so die Richter – bewege sich haarscharf an der Grenze des von Künast „noch Hinnehmbaren“. Die Richter waren außerdem der Meinung, Renate Künast müsse sich „als Politikerin auch sehr weit überzogene Kritik gefallen lassen“. Dieses Urteil ist ein Skandal! Mit solch einem Urteil wird dem blanken Hass Tür und Tor geöffnet. Natürlich ist Renate gleich in Revision gegangen. Und außerdem hat eine Anwaltskanzlei Strafanzeige gegen die Richter wegen Rechtsbeugung erstattet. Das war wichtig. Denn mit solch einem Urteil wird die Meinungsfreiheit vollkommen pervertiert.

Meinungsfreiheit ist nicht die Freiheit, alles zu sagen, was möglich ist. Niemand muss Hassreden akzeptieren oder aushalten. Denn Meinungsfreiheit hat Grenzen, wenn die Würde eines Menschen angegriffen wird, wenn die Würde von uns Frauen angegriffen wird. Natürlich kann jede und jeder im Netz seine Meinung sagen. Und die Mehrheit schafft das auch, ohne die Rechte anderer zu verletzen. Die Meinungsfreiheit umfasst aber eben nicht das Recht, andere zu beleidigen und zu bedrohen, damit sie ruhig sind, sich zurückziehen und nicht mehr öffentlich ihre Meinung vertreten. Sie umfasst auch nicht den Anspruch, dass einem gefälligst nicht widersprochen wird.    Im Gegenteil: Ohne das Recht auf Widerspruch gibt es keine Meinungsfreiheit. Bei Hass aber geht es nicht um Meinungsfreiheit. Denn Hass ist keine Meinung!

Hass und Hetze ist nichts anderes als ein Angriff auf unsere Demokratie auf uns Frauen und auf die Würde des Menschen und dagegen müssen wir uns wehren und zwar gemeinsam – lautstark – und solidarisch!