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16.10.2015

Öffentliche Anhörung – Mehr Betriebsräte braucht das Land

Nur neun Prozent aller deutschen Betriebe haben einen Betriebsrat. Das ist ein Armutszeugnis ohne gleichen. Zumal Unternehmen nicht selten versuchen, die Wahl und die Arbeit von Betriebsräten zu verhindern. Darum habe ich einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der entsprechende Änderungen beim Betriebsverfassungsgesetz vorschlägt, um Betriebsratswahlen zu erleichtern. Dieser Antrag wurde in der letzten Sitzungswoche bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales zusammen mit Expertinnen und Experten diskutiert.

Die Vertreter der Arbeitgeberverbände sahen keine Probleme für Betriebsräte. Egal, ob BDA, der Arbeitgeberverband Gesamtmetall oder der Zentralverband des Deutschen Handwerks, sie alle lehnten unisono meinen Antrag ab, mit dem ich fordere: „Mehr Betriebsräte braucht das Land“.

Doch mit dieser Meinung waren die Arbeitgeber bei der Anhörung in der Minderheit. Denn die große Mehrheit der Expertinnen und Experten sprach sich für Änderungen im Betriebsverfassungsgesetz aus. Denn in der betrieblichen Praxis sieht es ganz und gar nicht so rosig aus, wie BDA und Gesamtmetall gern behaupten. Professor Dr. Franz-Josef Düwell griff auf ein Beispiel aus seiner Zeit als Vorsitzender Richter des Bundesarbeitsgerichts zurück. Damals wollte sich in der Filiale einer Fastfood-Kette ein Betriebsrat gründen. Dem Arbeitgeber war das ein Dorn im Auge. Er schloss kurzerhand die Filiale, die dortigen Beschäftigten erhielten betriebsbedingte Kündigungen.

Düwall begrüßte in der Anhörung ausdrücklich, dass der Schutz bei einer Betriebsratswahl ausgeweitet werden soll. Wortwörtlich meinte er: „Hier muss dringend etwas geschehen.“ Insbesondere die Initiatoren von Betriebsräten müssten geschützt werden. Denn gerade sie sind den Attacken von Arbeitgeberseite bisher schutzlos ausgeliefert. Und auch die Verkürzung des Wahlverfahrens auf zwei Wochen fand Anklang. Thomas Fischer vom DGB befand, ein verkürztes Wahlverfahren verkürze immerhin die Zeit für Manipulationen vonseiten der Arbeitgeber. In all diesen Punkten waren sich verschiedene Experten einig.

Betriebsräte stoßen häufig gerade dort auf große Schwierigkeiten, wo prekäre Arbeit vorherrscht. Wenn Beschäftigte nur befristete Verträge haben, können Betriebsräte kaum effektiv arbeiten, weil befristete Betriebsräte oft mitten in der Wahlperiode aus dem Betriebsrat ausscheiden müssen. Dr. Martin Behrens vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) belegte das mit Zahlen: In Unternehmen mittlerer Größe sind rund neun Prozent der Beschäftigten befristet beschäftigt. Doch nur ein Prozent dieser befristet Beschäftigten arbeitet aktiv in einem Betriebsrat mit. Um Betriebsräte handlungsfähig zu machen, müssen befristet beschäftigte Betriebsräte daher die Möglichkeit bekommen, unbefristet beschäftigt zu werden, wie es mein Antrag vorsieht.

Behrens sieht insgesamt dringenden Handlungsbedarf. Betriebsräte bräuchten möglichst vereinfachte Wahlverfahren und einen besseren Schutz, um dem Union Busting vorzubeugen, also der systematischen Bekämpfung, Unterdrückung und Sabotage von Betriebs- oder Personalräten. Denn Union Busting schüchtert auch die Beschäftigten anderer Betriebe ein. „Das strahlt aus“, befand Behrens, so dass andere Beschäftigte es gar nicht erst versuchen, eine eigene Vertretung zu gründen. Und dem müssen bessere neue Regelungen im Betriebsverfassungsgesetz schnellstens etwas entgegensetzen.

 

Antrag: Mehr Betriebsrätinnen und Betriebsräte braucht das Land