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26.01.2022

Orientierungsdebatte zur „Impfpflicht“

Heute hat sich der Bundestag zum ersten Mal in einer Orientierungsdebatte mit der Einführung einer allgemeinen Impfpflicht beschäftigt. Wir haben dreieinhalb Stunden lang intensiv diskutiert. Es ging um das Für und Wider der Impfpflicht, um die vielen zu klärenden medizinisch-ethischen Aspekte und um die Frage der Durchsetzung. Die Debatte war wichtig, denn die Entscheidung ist nicht einfach. Auch ich habe viele Fragen und deshalb war die Orientierungsdebatte wichtig.

Die Impfpflicht ist eine Gewissensentscheidung, die über Fraktionsgrenzen hinweg entschieden wird. Die Corona-Lage macht es leider erforderlich, dass wir uns dieser Frage jetzt stellen. Denn angesichts der hohen Infektionszahlen von weit mehr als 100.000 Neuinfektionen pro Tag ist unsere Impfquote von 73,3 Prozent einfach immer noch viel zu niedrig. Wir müssen die Impflücke endlich schließen, auch damit wir im kommenden Herbst nicht in eine weitere Corona-Welle hineinlaufen. Mit einer ausreichend hohen Impfquote können wir eine Überlastung des Gesundheitssystems verhindern und uns als Gesellschaft vor künftigen Pandemie-Wellen besser schützen. Deshalb ist die Impfung so wichtig. Sie ist sicher, wirksam und schützt. Und sie reduziert vor allem das Risiko eines schweren Verlaufs.

In der Orientierungsdebatte zur Impfpflicht ist deutlich geworden, dass es sachliche Gründe für und gegen eine allgemeine Impfpflicht gibt. Und diese Argumente muss ich jetzt sehr sorgfältig gegeneinander abwägen. Natürlich ist eine Impfpflicht ein erhebliche Grundrechtseingriff. Dem stehen aber die weitgehenden Freiheitsbeschränkungen des öffentlichen Lebens gegenüber, wie sie die Pandemiebekämpfung erfordert. Anstelle von Lockdowns und Schulschließungen kann eine Impfpflicht vielleicht das mildere Mittel sein.

Bei der allgemeinen Impfpflicht geht es nicht um den Schutz des Einzelnen, sondern die Zielen wären, dass das Gesundheitssystem nicht kollabiert, das Pflegepersonal nicht weiter überlastet wird und beispielsweise Krebspatient:innen nicht länger auf eine Behandlung warten müssen, weil die Intensivstationen überlastet sind. Und eine Impfpflicht könnte laut Expert:innen auch dazu beitragen, die aufgeheizte Debatte zu befrieden, weil sie in dieser zentralen Frage für Klarheit sorgt. Dann würde eine Impfpflicht also sogar zum sozialen Zusammenhalt beitragen.

Es stellen sich zugleich wichtige Fragen. Dazu gehört beispielsweise, wie wir eine Impfpflicht durchsetzen wollen. Soll es ein Impfregister geben? Kommen wir allein mit Stichprobenkontrollen aus? Und auch aufgrund der Omikron-Variante stellen sich Fragen, die wir jetzt genau beantworten müssen. Bei einer Pandemie gibt es aber keine einfachen Lösungen und keine Erfahrungswerte, auf die wir uns beziehen könnten. Es ist deshalb gut, dass wir diese Debatte nun im Bundestag führen.