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28.02.2013

Persönliche Erklärung: Mali-Einsatz

Im Rahmen der heutigen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Internationalen Unterstützungsmission in Mali, habe ich der Ausbildungsmission EUTM Mali zugestimmt. Der Unterstützungsmission konnte ich allerdings nicht zustimmen und habe mich deshalb enthalten. In einer persönlichen Erklärung begründen Sylvia Kotting-Uhl und ich unsere Entscheidung.

Zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der Bundesregierung zur „Entsendung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Unterstützung der Internationalen Unterstützungsmission in Mali unter afrikanischer Führung (AFISMA) auf Grundlage der Resolution 2085 (2012) des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen“:

Wir zitieren aus einem Antrag unserer Fraktion vom September 2012: „Die Sahel-Region ist eines der ärmsten Gebiete der Welt. Seit Jahren kommt es in den Ländern dieser Region durch Dürren und Misswirtschaft zu Lebensmittelkrisen. Ernteausfälle, politische Umbrüche in den Staaten Nordafrikas, die Rückkehr bewaffneter Söldner aus Libyen und der Elfenbeinküste, organisierte Kriminalität, islamistischer Terrorismus sowie Kampfhandlungen im Norden Malis haben die Ernährungskrise und fragile Sicherheitslage in der Sahel-Region dramatisch verschärft. (…) Auch im Norden Malis hatten in den letzten Jahren islamistische Gruppen im Umfeld der AQiM verstärkt Zulauf … Mit dem Sturz des Gaddafi-Regimes konnten diese Gruppierungen ihre Schlagkraft verstärken: Zum einen durch Söldner, die zuvor im Dienste Gaddafis standen. Zum anderen durch schwere Waffen, die seit der Endphase der Kämpfe in Libyen bis heute über die nahezu unkontrollierten Wüstengrenzen geschmuggelt werden.

Die Erfolge der Aufständischen in Nord-Mali führten am 22. März zu einem Staatsstreich putschender Offiziere. … Die Staatsgewalt in Mali ist seit dem Staatsstreich geschwächt, auch wenn am 22. August 2012 eine Regierung der nationalen Einheit gebildet werden konnte. (…) Humanitäre Hilfe, Übergangshilfe und vor allem langfristige Ernährungssicherung sind wichtige Elemente zur Stabilisierung der Region. Sie reichen alleine aber nicht aus, um strukturelle Probleme wie schwache staatliche Institutionen, Rechtsstaats-, Demokratie- und Sicherheitsdefizite, Korruption und organisierte Kriminalität wirksam anzugehen. Der VN-Sicherheitsrat hat den VN-Generalsekretär vor diesem Hintergrund aufgefordert, eine umfassende Sahel-Strategie vorzulegen, die die Bereiche Sicherheit, humanitäre Hilfe, Entwicklung und Menschenrechte umfasst (S/Res/2056 (2012)).“ (Antrag Bündnis 90/Die Grünen vom 26.9.2012 „Sahel-Region stabilisieren – Humanitäre Katastrophe eindämmen“ Drucksache 17/10792)

Der Antrag unserer Fraktion vom Herbst letzten Jahres beschreibt die Situation in der Sahel-Region und in Mali und fordert die Bundesregierung auf endlich zu handeln. Die Bundesregierung wird unter anderem aufgefordert auf Konfliktlösung innerhalb der Region hinzuwirken, Staaten der Sahel-Region langfristig beim nachhaltigen Aufbau von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie zu unterstützen, in der Sahel-Region tätige internationale Organisationen zu unterstützen, unterstützend an einer politischen Lösung des Konflikts mit den Tuareg-Rebellen und Islamisten im Norden Malis zu arbeiten, Flüchtlingen zu helfen, Nothilfe zu leisten, EZ-Gelder zu erhöhen – zusammengefasst: zivile Konfliktlösungshilfe zu bieten. Zusätzlich wird eine Friedensmission zur Ausbildung und Reorganisation malischer Streitkräfte im Rahmen eines VN-Mandates gefordert die von Deutschland finanziell und logistisch unterstützt wird. Der Antrag wurde von der Koalition abgelehnt.

Der Umgang mit Konflikten in fragilen Staaten ist fast immer derselbe: Die westliche Staatengemeinschaft, auch die Bundesregierung, bietet keine oder unzureichende Hilfestellung an um den Konflikt zu entschärfen. Erst wenn die Situation so eskaliert, dass nur noch militärisches Eingreifen zu helfen scheint, dann findet sich die Bereitschaft zu einer finanziell und personell angemessen großzügigen Unterstützung. Die Bundesregierung ist jetzt bereit, neben der logistischen Unterstützung bis zu 150 deutsche Soldatinnen und Soldaten zur Unterstützung von AFISMA einzusetzen, bis zu 180 für die Ausbildungsmission EUTM Mali.

Die Ausbildungsmission hätte bereits mindestens vor einem halben Jahr beschlossen werden können und hätte zusammen mit anderen Hilfsmaßnahmen die Eskalation der letzten Monate eventuell verhindern oder zumindest verringern können. Diesem (verspäteten) Mandat stimmen wir heute zu.

Auch das Mandat zur Unterstützung von AFISMA kritisieren wir nicht im Grundsatz. Die Entsendung der Soldaten erfolgt auf der Grundlage der Resolution 2085 (2012) der Vereinten Nationen unter Berufung auf Kapitel VII der Charta der UN. Wenn wir diesem Mandat heute trotzdem nicht zustimmen, so wollen wir damit einer Kritik Ausdruck geben, die sich auf den grundsätzlichen Umgang mit solcherart Konflikten bezieht. Unsere Fraktion hatte gute Vorschläge zur zivilen Konfliktbearbeitung in Mali vorgelegt. Die Bundesregierung hat sie abgelehnt, abgewartet und will heute unsere Zustimmung zur Entsendung von Soldaten mit dem unvermeidbaren Gefahrenpotential für die Soldaten selbst, aber auch für weitere Eskalation des Konflikts. Dem stimmen wir, weil wir jeglichen Willen zum präventiven Handeln der Bundesregierung vermissen, nicht zu.

 

Persönliche Erklärung