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16.05.2017

Psychische Gefährdungen am Arbeitsplatz werden zu selten beurteilt

In Deutschland existiert zwar das Arbeitsschutzgesetz, aber es besteht weiterhin ein Umsetzungsdefizit auf betrieblicher und gesetzgeberischer Ebene – beispielsweise bei den Gefährdungsbeurteilungen, die aufzeigen, welche gesundheitlichen und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz auftreten und wie sie vermieden werden können. Ich habe diesbezüglich schriftliche Fragen an die Bundesregierung gestellt. Die Antwort darauf ist ernüchternd!

 Erst seit 2013 gibt es einen Passus im Arbeitsschutzgesetz, der klarstellt, dass eine Gefährdung am Arbeitsplatz nicht nur durch falsch verlegte Kabel, Lärm oder giftige Gefahrstoffe, sondern auch durch psychische Belastungen entstehen kann. Danach ist die Arbeit „so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden“ wird.

Vorausgegangen war dieser Ergänzung ein deutlicher Anstieg psychischer Belastungen am Arbeitsplatz. Der DAK Gesundheitsreport stellt auch in diesem Jahr fest: psychische Erkrankungen sind 2016 mit einem Anteil von rund 17 Prozent erstmals an zweiter Stelle der Gründe für eine Krankschreibung von Beschäftigten. Und psychische Erkrankungen sind inzwischen der Grund für fast jede zweite Frühverrentung.

Gefährdungsbeurteilungen sollen dem vorbeugen. Doch es stellt sich die Frage, ob  sie überhaupt durchgeführt werden. In ihrer Antwort auf meine schriftlichen Fragen antwortet die Bundesregierung, dass 2015 ganze 52,4 Prozent der Betriebe überhaupt eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt haben. Knapp die Hälfte dieser Betriebe (46,1 %) stellte fest, dass ihr Arbeitsschutz verbessert werden muss. Und die überwiegende Mehrheit (95,2 %) tat dies dann auch.

Gefährdungsbeurteilungen mit Blick auf psychische Gefährdungen wurden allerdings nur in 44 Prozent der Betriebe durchgeführt, die überhaupt Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt haben. Damit  untersuchte nur ein knappes Viertel aller Betriebe, ob psychische Belastungen bei ihnen zu gesundheitlichen Gefährdungen führen. Das ist bei weitem nicht genug!

Doch die Bundesregierung reagiert nicht. Ein lapidarer Satz im Arbeitsschutzgesetz, der psychische Belastungen mit einem Wort erwähnt, reicht da eben nicht aus. Wir brauchen daher endlich eine Anti-Stress-Verordnung, mit der das Arbeitsschutzgesetz konkretisiert wird. Und wir brauchen echte Sanktionen für Unternehmen, die keine oder nur unzureichende Gefährdungsbeurteilungen erstellen.

Schriftliche Fragen: Gefährdungsbeurteilungen