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28.09.2023

Rede: Missbrauch von Werkverträgen verhindern

In der Debatte ging es um die Kurier-, Express- und Paketdienstbranche (KEP-Branche), in der häufig die Löhne niedrig und die Arbeitsbedingungen schlecht sind. Aus meiner Sicht gibt es Parallelen zur Fleischbranche, weil manche Unternehmen die Pakete ausschließlich von Subunternehmen zustellen  lassen. In der Fleischbranche wurde mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz der Missbrauch von Werkverträgen erfolgreich verhindert. Jetzt müssen wir die KEP-Branche in den Blick nehmen, denn Missbrauch von Werkverträgen darf es in keiner Branche geben.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Die sogenannte KEP-Branche, über die wir heute reden, boomt seit Jahren. Über 4 Milliarden Pakete werden inzwischen jährlich in Deutschland zugestellt, Tendenz steigend.

Hier geht es besonders um die Paketzustellerinnen und -zusteller, die – das ist schon gesagt worden – auf der letzten Meile unterwegs sind. „Letzte Meile“ bedeutet konkret, dass beispielsweise 30 Kilogramm schwere Pakete in den vierten Stock getragen werden müssen.

(Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Genau!)

Dafür haben die Beschäftigten nicht nur unseren Respekt, sondern auch faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen verdient.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen sind in der KEP-Branche auch durchaus möglich; das haben die gewerkschaftlich gut organisierten Beschäftigten bei der Deutschen Post, DHL gerade erst wieder bewiesen. Sie haben sich Lohnerhöhungen von bis zu 20 Prozent erkämpft. Die Tarifpartner haben zudem noch die steuerfreien Einmalzahlungen genutzt, die wir politisch ermöglicht haben. Im Ergebnis haben die Paketzusteller/-innen und alle anderen Postbeschäftigten jetzt mehr Geld, richtig viel mehr Geld in der Tasche. An dieser Stelle, also bei der Post, können wir zufrieden sein.

Das gilt aber eben nicht für alle Wettbewerber im KEP-Markt und deren Beschäftigte. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit und Beratungsstellen entdecken regelmäßig Verstöße gegen das Mindestlohngesetz und auch beim Arbeits- und Gesundheitsschutz. Das Paketboten-Schutz-Gesetz, mit dem damals die Nachunternehmerhaftung auch für die Paketbranche eingeführt wurde, war ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb haben auch wir Grünen 2019 aus der Opposition heraus zugestimmt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Aber es reicht nicht; wir brauchen weitere Maßnahmen.

(Beifall des Abg. Frank Bsirske (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Die Arbeitszeit muss lückenlos dokumentiert werden, es braucht regelmäßige Kontrollen, und damit Beschäftigte ihre Rechte auch tatsächlich durchsetzen können, wollen zumindest wir Grüne auch weiterhin einen kollektiven Rechtsschutz, also ein Verbandsklagerecht für die Gewerkschaften.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen gibt es insbesondere in den Subunternehmerketten. In der KEP-Branche werden Aufträge eben häufig an Subunternehmen weitergegeben, und manche Unternehmen lassen Pakete sogar ausschließlich von Subunternehmen zustellen. Dabei handelt es sich wie früher in der Fleischbranche um Werkverträge im Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit, also im Bereich der Paketzustellung. Das ist nichts anderes als Missbrauch von Werkverträgen – Herr Oellers, das ist Missbrauch! -, mit dem sich die Unternehmen aus der Verantwortung stehlen, beim Arbeitsschutz und auch beim Lohn. Es gibt also durchaus Parallelen zwischen der Fleischbranche und der Paketbranche. Deshalb müssen wir die KEP-Branche kritisch in den Blick nehmen; denn Missbrauch von Werkverträgen darf es in keiner Branche geben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Arbeitsbedingungen müssen besser werden. Dabei geht es um gerechte Löhne. Es geht um Mitbestimmung, es geht um einen Arbeits- und Gesundheitsschutz, der seinen Namen auch verdient. Und wenn das die KEP-Branche nicht selber regeln kann, dann braucht es eine politische Antwort, genauso wie damals bei der Fleischbranche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Davon profitieren natürlich die Beschäftigten, aber nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Unternehmen, die ihre Leute sozialversicherungspflichtig anstellen, die Verantwortung übernehmen und die Beschäftigten anständig behandeln. Auch diese Unternehmen brauchen Schutz und politische Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Pascal Meiser (DIE LINKE))

Rede: Werkverträge in der KEP-Branche