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07.05.2020

Änderungsanträge: Wir brauchen eine Härtefallregelung im Berufskrankheitenrecht

Im Bundestag wurde das siebte Änderungsgesetz des vierten Sozialgesetzbuches beschlossen. Dieses Gesetz sieht viele verschiedene Verbesserungen bestehender Verfahren in den Sozialversicherungen vor. Doch vor allem wird mit ihm endlich das Berufskrankheitenrecht reformiert. Denn bisher haben Menschen, die im Beruf krank werden, oft nur wenige Chancen, dass ihre Erkrankung als Berufskrankheit anerkannt wird. Der Weg zu dieser Anerkennung ist lang und holprig. Das neue Gesetz ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, doch hundertprozentig zufrieden sind wir nicht. Deshalb habe ich Änderungsanträge eingebracht.

Das Gesetz bringt tatsächlich Verbesserungen. So wurde beispielsweise der Unterlassungszwang gestrichen. Das war mehr als überfällig. Gleichzeitig wurde der Sachverständigenbeirat verrechtlicht und bekommt Unterstützung durch eine professionelle Geschäftsstelle. Und natürlich ist es positiv, dass künftig zur ersten Beweiserleichterung ein Expositionskataster erstellt wird, um so Erkenntnisse berücksichtigen zu können, die an vergleichbaren Arbeitsplätzen oder zu vergleichbaren Tätigkeiten gewonnen wurden.

Was dem Gesetz allerdings fehlt, ist eine Härtefallregelung, um mit ihr zu mehr Einzelgerechtigkeit zu kommen. Wir haben daher einen Antrag im Plenum des Bundestages gestellt, damit eine solche Härtefallklausel für solche Fälle vorgesehen wird, in denen aufgrund der Seltenheit von Gefährdungen oder sehr geringer Betroffenenzahlen keine ausreichenden wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen, um eine Berufskrankheit anzuerkennen.

Außerdem wollen wir mehr Möglichkeiten der Beweiserleichterung: Denn bei beruflich verursachten Erkrankungen, die heute auftreten, aber bereits vor Jahrzehnten durch berufliche Einwirkungen verursacht wurden, wird der Vergleich mit anderen Arbeitsplätzen oft nicht mehr möglich sein, weil die Arbeitsbedingungen und die damaligen Schutzmaßnahmen, heute ganz anders sind als früher. Insbesondere in den Fällen, in denen Unterlagen im Betrieb nicht mehr vorliegen oder ein Betrieb nicht mehr existiert und der Vollbeweis einer beruflich relevanten Einwirkung nicht mehr erbracht werden kann, bekommen Versicherte nach geltendem Recht keine Leistungen der Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Und daran ändert auch das neue Gesetz nichts. Deshalb fordern wir in einem Änderungsantrag, dass für die Betroffenen nach Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel auch eine Vermutungsregelung zu Gunsten der erkrankten Versicherten eingeführt wird.

Was auch völlig fehlt, ist der explizite Hinweis auf frauenspezifische Berufskrankheiten. Das Berufskrankheitenrecht ist nach wie vor durch industrielle Berufe geprägt. Es stammt aus einer Zeit, in der die Mehrheit der Arbeitnehmer männlich war und im Handwerk oder in der metall- und chemieverarbeitenden Industrie tätig war. Und daher kennt es kaum den Beruf der Altenpflege, in dem heute über eine Million Beschäftigte arbeiten – die große Mehrheit davon Frauen. Gleichzeitig ist bisher keine einzige psychische Erkrankung unter den anerkannten Berufskrankheiten zu finden. Auch hier habe ich Forderungen. Denn das Berufskrankheitenrecht muss die Modernisierung der heutigen Arbeitswelt im Fokus haben. Wir fordern daher, dass  der Sachverständigenbeirat eine geschlechterspezifische Anpassung bei den Berufskrankheiten vornehmen und psychische Erkrankungen stärker berücksichtigen muss.

Und da das SGB IV ÄndG ein großer Baukasten mit einem bunten Sammelsurium an Neuerungen ist, habe ich diesen Umstand  genutzt, um mit meinem vierten Änderungsantrag eine Gesetzesänderung bei der gesetzlichen Unfallversicherung zu erwirken. Denn bisher sind Menschen, die im Homeoffice arbeiten, nur sehr unzureichend bei einem Unfall zu Hause abgesichert. Daher fordern wir für die Zeit der Corona-Krise, in der viele Menschen im Homeoffice arbeiten, dass Beschäftigte im Homeoffice bei ihrer Arbeit vollumfänglich unfallversichert sind.

Änderungsantrag: Härtefallregelung

Änderungsanträge: Beweislasterleichterung, Genderperspektive, psychische Erkrankungen

Änderungsantrag: Homeoffice Unfallversicherung