Inhalt

17.11.2020

Ein Pfarrer protestiert

Peter Kossen, der streitbare Pfarrer aus Lengerich, hat am Montag vor der Parteizentrale der Union in Berlin dagegen protestiert, dass CDU und CSU das längst überfällige Arbeitsschutzkontrollgesetz blockieren. Denn die Union ist im Begriff, das Gesetz im Sinne der Fleisch-Lobby aufzuweichen. Das darf nicht sein. Und deshalb ist der Protest von Pfarrer Kossen so extrem wichtig. Ich habe tiefen Respekt vor seinem Engagement.  

Die Union will anstelle des im Arbeitsschutzkontrollgesetz vorgesehenen Verbots, die Leiharbeit zumindest in der Fleischverarbeitung weiterhin gestatten. Bereits heute zeichnet sich jedoch ab, dass Werkvertragsarbeit in der Fleischindustrie einfach zu Leiharbeit umetikettiert werden kann. Auf diese Weise bleibt das ausbeuterische System einfach unter neuem Namen bestehen. Auf einem Schild, das Kossen bei seiner Ein-Mann-Demo in die Höhe hielt, hieß es: „Werkverträge und Leiharbeit verbieten! Keine Schlupflöcher im Arbeitsschutzkontrollgesetz!“

Kossen ist überzeugt, was der Gesetzgeber nicht erzwingt, wird die Fleischindustrie freiwillig nicht verändern. Und dieser Auffassung kann ich mich nur anschließen. Immerhin haben die vielen hundert Coronafälle im Sommer in der Fleischindustrie das Bewusstsein dafür geschärft, wie ausbeuterisch die Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche sind. Werkvertragsarbeiter:innen, die vorwiegend aus Osteuropa kommen, werden zu geringsten Löhnen beschäftigt. Sie werden zu Wuchermieten in Massenunterkünften untergebracht, und um den Gesundheitsschutz in Zeiten von Corona kümmert sich auch niemand.

Die Bundesregierung hatte sich verpflichtet, dem etwas entgegenzusetzen und hier klare Verhältnisse zu schaffen. Mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz wäre das möglich. Denn mit diesem Gesetz sollen Werkverträge und Leiharbeit im Kernbereich des Schlachtbetriebs verboten werden. Doch inzwischen lassen sich CDU und CSU anscheinend von den Drohungen der Fleischlobby beeindrucken und verunsichern. Sie versuchen seit mehreren Wochen das überfällige Gesetz zu verzögern und zu entkräften. Dabei ist die Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit in der Fleischindustrie längst überfällig. Ich kann mich Peter Kossens Forderung daher nur anschließen: Keine Zugeständnisse auf Kosten von Menschenwürde und Gerechtigkeit!