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07.05.2021

Grünes Netzwerk Grundeinkommen: Umfrage bei Bundestagskandidat:innen

Das Grüne Netzwerk Grundeinkommen ist ein loser Zusammenschluss von engagierten Mitgliedern, die ein bedingungsloses Grundeinkommen für eine zentrale Antwort auf die ökonomischen, sozialen und ökologischen Probleme unserer Zeit halten. Sie werben für ein Grundeinkommen und setzen sich dafür ein, dass dieser Weg beispielsweise im Bundestagswahlprogramm enthalten ist. Im Moment macht das Netzwerk eine Umfrage bei den Bundestaskandidat:innen und ich habe natürlich die Fragen beantwortet. Meine Antworten sind hier nachzulesen:

Homepage: Grünes Netzwerk Grundeinkommen

Was findest Du in der Diskussion um das Grundeinkommen am spannendsten? Wie könnte es die Gesellschaft verändern?

Für mich ist das Grundeinkommen die Grundlage für ein neues Miteinander, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt wieder zu stärken. Gerade in Zeiten von Corona werden soziale Ungleichheiten, Armut und Risse bei der sozialen Absicherung deutlicher und größer. Ein Grundeinkommen könnte hier helfen. Und gemeint ist dabei ein Grundeinkommen, das vor Armut schützt, individuell und ohne Bedürftigkeitsprüfung ausgezahlt und nicht an eine Gegenleistung geknüpft wird.

Wer arbeitslos ist, wäre mit Hilfe eines Grundeinkommens würdevoll und unbürokratisch abgesichert. Denn Arbeitslosigkeit ist kein individuelles, sondern ein gesellschaftliches Problem. Das gleiche gilt für all jene, die in schlecht bezahlten Jobs kaum über die Runden kommen. Sie arbeiten und landen doch aufstockend im Hartz-System. Das ist nicht gerecht. Ohne bürokratischen Aufwand federt das Grundeinkommen außerdem Lebensphasen ab, in denen Menschen kurzfristig erwerbslos sind, mehr Zeit für die Kinder brauchen, die Eltern pflegen oder sich ehrenamtlichen betätigen wollen. Das Grundeinkommen kann auf diese Weise zu mehr Zeitsouveränität beitragen, die sich mittlerweile viele wünschen.

Das Grundeinkommen kann aber auf keinen Fall jegliche Unterstützung in unserem Sozialstaat ersetzen. Es schafft jedoch die Voraussetzungen für eine Sozialpolitik auf Augenhöhe. Denn Zusammenhalt in der Gesellschaft heißt, keinen Menschen alleine zu lassen. Und das geht heute und auch in der Zukunft ohne Bevormundung, dafür mit Selbstbestimmung und mit mehr Würde. Wir sollten diese Debatte wagen und den Menschen mehr zutrauen.

Über welchen Zeitraum könnten wir in Deutschland ein Grundeinkommen für alle einführen? Was könnten die ersten Schritte in diese Richtung sein?

Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird erst dann Realität, wenn sich die Gesellschaft mehrheitlich dafür einsetzt. Deshalb bin ich zutiefst davon überzeugt, dass wir die Debatte über ein Grundeinkommen zuallererst breit in der Gesellschaft führen müssen. Wie lange das dauert und wie diese Debatte ausgeht, weiß niemand, auch wenn ich gerade sehr optimistisch gestimmt bin, dass sich der Blick auf die soziale Absicherung durch die Corona-Pandemie stark verändert.

Ein Grundeinkommen kann darüber hinaus natürlich in Schritten eingeführt werden. Eine Garantierente – eine Mindestrente für alle ohne Voraussetzungen könnte so ein erster Schritt sein. Gleiches gilt für eine Kindergrundsicherung, die für alle Kinder gleich ausgestaltet ist und automatisch ausbezahlt wird. Ein wichtiger Schritt könnte beispielsweise auch sein, wenn Beschäftigte, deren Lohn nicht zum Leben ausreicht, automatisch über eine negative Einkommensteuer abgesichert werden. Es könnte also viele erste Schritte geben, die dann am Ende zu einem Grundeinkommen für alle führen.

Würdest Du öffentlich finanzierte Grundeinkommensexperimente – auch auf europäischer Ebene – befürworten?

Ja, definitiv. Solche Pilotprojekte können verdeutlichen, dass die heute existierenden Vorbehalte jeglicher Grundlage entbehren. So könnte beispielsweise gezeigt werden, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen prekäre Arbeit nicht verstärkt – im Gegenteil: mit einem Grundeinkommen sind die Menschen nicht mehr erpressbar und müssen keine schlechten Löhne oder schlechte Arbeitsbedingungen akzeptieren.

Mit gut konzipierten Pilotprojekten, die regional, national oder europäisch durchgeführt und wissenschaftlich begleitet werden, kann die Debatte um ein Grundeinkommen versachlicht werden. Gleichzeitig können solche Projekte auch deutlich machen, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen kein Allheilmittel ist, sondern nur das heutige System der Grundsicherung ersetzt und aktive Sozial- und Arbeitsmarktpolitik weiterhin bestehen bleiben muss.