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24.09.2010

Kleine Anfrage: Bundesregierung muss Verbot sittenwidriger Löhne durchsetzen

Die Bundesregierung schaut weg, wenn die Deutsche Rentenversicherung untätig bleibt und nichts dagegen unternimmt, dass Unternehmen sittenwidrige Löhne zahlen. Damit verzichtet sie auf Sozialversicherungsbeiträge in Milliardenhöhe. Das ist ein Skandal. Eigentlich müsste die Deutsche Rentenversicherung entschieden dagegen vorgehen, wenn Unternehmen zu niedrige Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Stattdessen vertritt sie und die Bundesregierung die Auffassung, dass Beschäftigte selbst dafür sorgen müssen, dass sie ihre rechtmäßigen Sozialversicherungsansprüche erhalten und dass die Unternehmen die Gesetze einhalten. Das kann nicht sein und muss dringend geändert werden.

Unternehmen können über Jahre hinweg sittenwidrige Löhne zahlen – und die Behörden schauen zu. Die Bundesregierung bleibt, trotz unserer Aufforderung, die Missstände abzustellen, untätig und stiehlt sich aus der Verantwortung. Das zeigt die Kleine Anfrage „Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen – gegen sittenwidrige Löhne und zur Durchsetzung von branchenspezifischen Mindestlöhnen“ (17/3013).

Zum Beispiel hat der Textildiscounter kik über Jahre hinweg sittenwidrige Löhne gezahlt. In Nordrhein-Westfalen (NRW) zahlte das Unternehmen 5,20 Euro Brutto pro Stunde an Verkäuferinnen und Verkäufer, was eindeutig sittenwidrig ist. Zwei Beschäftigte haben gegen kik vor Gericht geklagt und bekamen sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz Recht. das Landesarbeitsgericht urteilte, dass kik den ortsüblichen Lohn in NRW deutlich unterschritten habe und mindestens 2/3 des ortsüblichen Lohns, d.h. mindestens 8,21 Euro, hätte zahlen müsse. Daraufhin musste kik mehrere Tausend Euro Lohn und Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen.

Mehrere Tausend Beschäftigte bei kik – bei denen klar war, dass sie auch sittenwidrige Löhne gezahlt bekamen – gingen aber leer aus, da sie nicht gegen ihren Arbeitgeber geklagt haben. Das ist ein Skandal. Eine Skandal ist aber auch, dass die Behörden – als gerichtlich festgestellt war, dass sittenwidrige Löhne gezahlt werden – nicht automatisch dafür gesorgt haben, dass die Beschäftigten zu ihrem Recht kommen. Dies Deutsche Rentenversicherung hätte für die Beschäftigten Beiträge nacherheben müssen. Das bestreitet die Bundesregierung zwar in der Antwort auf unsere Kleine Anfrage. Sie hätte es dennoch tun müssen. Das ist juristisch ein sonnenklarer Fall.

So wie es jetzt läuft, kann es jedenfalls nicht weiter gehen. Das zeigen die Antworten auf unsere Kleine Anfrage. Wir dürfen nicht länger hinnehmen, dass die Beschäftigten von den Unternehmen bewusst um ihren Lohn, der Fiskus um Steuereinnahmen und die Sozialversicherungen um ihre Beiträge betrogen werden. Deswegen fordern wir die Bundesregierung aber auch die deutsche Rentenversicherung auf, so schnell wie möglich tätig zu werden. Die Rentenversicherung muss Beiträge nacherheben und die Staatsanwaltschaften müssen veranlassen, dass die Beschäftigten den Lohn gezahlt bekommen, der ihnen zusteht.

Die Bundesregierung hat die Rechtsaufsicht über die Deutsche Rentenversicherung und steht somit in der Verantwortung, die deutsche Rentenversicherung dazu zu bringen, dass sie tätig wird und eigenverantwortlich entgangene Sozialversicherungsbeiträge eintreibt.

Die Staatsanwaltschaften können leider nur dazu gebracht werden etwas gegen sittenwidrige Löhne zu tun, wenn Strafanzeige gegen die jeweiligen Unternehmen gestellt wird. Aber selbst dann ist unklar, ob gesetzeswidriges Verhalten konsequent geahndet wird. Im Fall kik hat die Staatsanwaltschaft Dortmund die Vorwürfe jedenfalls nicht zufriedenstellend untersucht. Deswegen werden wir prüfen und einen Vorschlag unterbreiten, wie die Gesetzeslage konkretisiert werden kann, damit die Zahlung sittenwidriger Löhne automatisch von den Behörden verfolgt wird.

 

Kleine Anfrage: Sittenwidrige Löhne