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25.03.2020

Sitzungswoche: Milliardenschweres Corona-Hilfspaket verabschiedet

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So eine Sitzungswoche gab es noch nie. In einem beispiellosen Eilverfahren verabschiedete der Bundestag heute wichtige Gesetze, um die Folgen der Corona-Epidemie abzufedern. Auch der Sitzungstag heute war ganz anders organisiert – mit viel Abstand und mit weniger Leuten im Plenarsaal und auch in den Ausschüssen. Die Gremiensitzungen gestern waren Videokonferenzen. Das Parlament tagt zwar anders, aber es ist handlungsfähig und das ist wichtig.

Nicht alle haben an diesem Mittwoch einen Platz im Plenarsaal des Bundestages bekommen. Nur jeder dritte Stuhl war besetzt, denn auch wir Parlamentarier müssen die Abstandsregeln einhalten. Wir wollen auch Vorbild sein, also haben viele die Sitzung per Fernseher im Büro verfolgt. Auch organisatorisch lief alles ganz anders. Was normalerweise in mehreren Wochen abgestimmt wird, wurde über das Wochenende per Telefonkonferenz diskutiert und passierte jetzt an einem einzigen Tag. Und es musste so schnell gehen. Denn der Kampf gegen das Coronavirus hat inzwischen unser öffentliches Leben lahm gelegt. Geschäfte sind geschlossen, Straßen leer gefegt, Schulen und Kindergärten sind zu und Beschäftigte im Homeoffice oder Zwangsurlaub.

Bereits am 13. März haben Bundestag und Bundesrat in einem beispiellosen Schnellverfahren erste Schritte unternommen, um zu helfen. Es wurden die Regelungen zum Kurzarbeitergeld ausgeweitet und Hürden abgesenkt. Wir haben diesem Gesetz zugestimmt, weil es wichtig ist, jetzt einen Schutzschirm für Arbeitsplätze aufzuspannen. Allerdings muss hier noch nachgebessert werden. Denn nicht alle Beschäftigten in Kurzarbeit erhalten tarifliche Erhöhungen ihres Kurzarbeitergeldes. In der Regel beträgt der Lohn in Kurzarbeit nur 60 bzw. 67 Prozent (mit Kindern). Beschäftigte mit Niedriglöhnen können davon nicht leben und werden so zu Harzt-IV-Aufstocker_innen. Das müsste nicht sein. Daher fordern wir, dass das Kurzarbeitergeld mindestens 80 Prozent des ehemaligen Lohnes betragen sollte.

Heute haben wir das Sozialschutz-Paket verabschiedet. Wer finanzielle Unterstützung braucht, soll unbürokratisch und schnell Hilfe erhalten. Deshalb wurde heute der Zugang zu Grundsicherungsleistungen erleichtert. So entfällt beispielsweise die Vermögensprüfung und auch die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung werden einfach so als angemessen anerkannt. Außerdem sieht das Gesetz Erleichterungen bei der Beantragung des Kinderzuschlags vor. Mit dem Sozialschutz-Paket werden also viele wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Das Gesetz hat aber auch eine Leerstelle und die trifft gerade die Ärmsten. Denn der Regelsatz für Kinder und Erwachsene in Hartz IV ist seit vielen Jahren viel zu niedrig und reicht hinten und vorne nicht. Wenn jetzt mehr als die Hälfte der Tafeln aufgrund der Pandemie geschlossen haben und günstige Lebensmittel aufgrund von Hamsterkäufen schnell vergriffen sind, dann wird das Leben für jeden Hartz-IV-Haushalt deutlich teurer. Deshalb muss auch hier nachgebessert werden. Wir fordern einen Aufschlag auf den Regelsatz bei Hartz-IV, um diese steigenden Kosten für lebensnotwendige Grundbedarfe zu decken.

Gleichzeitig wird mit dem Gesetz ein Rettungsschirm für die sozialen Dienste und Einrichtungen gespannt. Eine ausreichende Finanzierung durch die jeweiligen Leistungsträger ist hier gerade jetzt unabdingbar, um beispielsweise Leistungen der aktiven Arbeitsmarktpolitik, der Eingliederungshilfe, der Rehabilitation oder der Wohnungslosenhilfe auf eine solide Grundlage zu stellen. Die jetzt verabschiedeten Stabilisierungsmaßnahmen gehen in die richtige Richtung. Unklar ist dennoch, wie gemeinnützige Träger ohne jede Grundfinanzierung oder Rücklagen (z.B. in der Arbeitsförderung) mit dem vorgesehenen Zuschuss von 75 Prozent der durchschnittlichen Zahlungen des letzten Jahres weiterexistieren können. Das werde ich genau im Blick behalten, denn unsere soziale Trägerlandschaft ist wichtig und muss erhalten bleiben.  

Darüber hinaus hat die Bundesregierung auch eine befristete Änderung beim Arbeitszeitgesetz vorgenommen. Danach ist die Regierung ermächtigt, beispielsweise zur Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens oder zur Versorgung der Bevölkerung mit existentiellen Gütern die täglichen Arbeitszeiten über die gesetzlichen Beschränkungen hinaus zu verlängern oder Ruhezeiten zu verkürzen. Dem konnte ich nicht zustimmen. Denn Ruhezeiten sind der beste Gesundheitsschutz – und zu lange Arbeitszeiten machen schneller krank. Und das ist in Zeiten einer Pandemie doch eher kontraproduktiv.

Natürlich wurden heute noch andere wichtige Gesetze beschlossen – beispielsweise ein Nachtragshaushalt in Höhe von rund 156 Milliarden Euro. Das sind die Gelder, mit denen die Wirtschaft gestützt werden soll. Dabei geht es um Kredite und ganz wichtig – das haben wir besonders stark gefordert – seit heute auch um echte Zuschüsse für Klein-Unternehmen und Solo-Selbstständige, die von der Krise sehr stark betroffen sind und zum Teil unmittelbar vor dem wirtschaftlichen Aus stehen. Sie brauchen daher dringend schnelle und unbürokratische Direktzuschüsse, damit es ihre Initiativen, Dienstleistungen, kleinen Läden und Betriebe nach der Pandemie noch gibt. Und um das alles zu ermöglichen, musste heute die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse gelockert werden. Und dazu braucht es die so genannte Kanzlermehrheit, also mindestens 355 Stimmen. Am Ende gab es eine deutliche Mehrheit mit 469 Ja-Stimmen aus allen demokratischen Fraktionen. Und das war gut so!