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07.04.2011

Persönliche Erklärung: Europäische Betriebsräte

Europäische Betriebsräte sind enorm wichtig, denn eine Vielzahl von Unternehmen agieren global und treffen über Staatsgrenzen hinweg Entscheidungen. 2009 wurde mit viel Widerstände die entsprechende EU-Richtlinie verbessert. Und endlich setzt die Bundesregierung diese Regelungen in nationales Recht um. Der Gesetzentwurf setzt einige wichtige neue Regelungen um, aber dennoch hat die Bundesregierung ihren Gestaltungsspielraum nicht genutzt. Hier wäre mehr möglich gewesen, um die Sozialpartner besser auf Augenhöhe zu bringen.

Viele Unternehmen in der Europäischen Union sind grenzüberschreitend aktiv und global vernetzt. Sie operieren und entscheiden über Staatsgrenzen hinweg. Die Transnationalisierung in der Unternehmenswelt nimmt weiter zu. Die 1994 in der Richtlinie für die Gründung Europäischer Betriebsräte (94/45/EG) geschaffene Möglichkeit einer europaweit und grenzüberschreitenden Arbeitnehmervertretung war deshalb ein wichtiger Schritt und ein Kernstück des Europäischen Sozialmodells. Mittlerweile existieren europaweit über 900 Europäische Betriebsräte, rund 160 davon in Deutschland.

Die Richtlinie von 1994 war jedoch mangelhaft und an einigen Stellen revisionsbedürftig. Die zum 5. Juni 2009 verabschiedete Neufassung der Richtlinie erfüllt jetzt die Minimalanforderungen an eine Anpassung an die veränderte Unternehmenssituation in Europa. Zur Umsetzung der Europäischen Richtlinie in nationales Recht ist Deutschland bis zum 5. Juni 2011 verpflichtet.

Der vorliegende Gesetzentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Europäischen Betriebsräte-Gesetzes (EBRG) übernimmt viele notwendige und begrüßenswerte Korrekturen aus der EU-Richtlinie. Dem Gesetzgeber bleiben jedoch über die expliziten Umsetzungsverpflichtungen hinaus nationale Spielräume, die zur Stärkung der Arbeitnehmerrechte genutzt werden sollten. Der vorliegende Gesetzentwurf lässt diesen Spielraum an vielen Stellen ungenutzt.

Deshalb enthalte ich mich bei diesem Gesetzentwurf. Die aus der Richtlinie übernommenen Änderungen sind wichtig, aber die nachfolgenden Regelungen fehlen.

1. Um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und das Gesetz zu präzisieren, ist die Aufnahme eines ausdrücklichen Zugangs- und Zutrittsrechtes zu den jeweiligen nationalen Betrieben für Europäische Betriebsrats-Mitglieder im EBRG notwendig. Damit wird geklärt, wie die vorgesehene Unterrichtung der örtlichen Arbeitnehmervertretung durch den Europäischen Betriebsrat in der Praxis erfolgen soll.

2. Das EBRG muss dahingehend geändert werden, dass die vorgesehenen Sanktionen bei Zuwiderhandlungen wirksam, abschreckend und im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung angemessen sind. Dies sieht die Richtlinie in Erwägungsgrund 36 vor, der die Mitgliedstaaten verpflichtet, abschreckende Sanktionen zu verankern. Insbesondere die Bußgeldvorschriften in § 45 EBRG müssen angepasst werden. Die dort vorgesehene Geldbuße mit einer Obergrenze von 15.000 Euro ist für multinationale Konzerne weder abschreckend noch wirksam und sollte daher im Sinne der Richtlinie deutlich erhöht werden.

3. Maßnahmen, die gesetzeswidrig ohne Beteiligung des Europäischen Betriebsrates beschlossen wurden, dürfen nicht umgesetzt werden. Dem Europäischen Betriebsrat ist daher ein Anspruch auf Unterlassung beteiligungswidriger Maßnahmen einzuräumen.

4. In § 1 Abs. 2 EBRG muss die Voraussetzung für Unterrichtungen und Anhörungen der Europäischen Betriebsräte konkretisiert werden, um Rechtssicherheit zu erhöhen. „Grenzüberschreitende Angelegenheiten“ liegen dann vor, wenn die zentrale Leitung Entscheidungen trifft, die Auswirkungen auf Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Unternehmen oder Unternehmensgruppen in anderen Mitgliedstaaten haben.

5. § 31 EBRG sollte ersatzlos gestrichen werden. Die Einschränkung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte in Tendenzunternehmen ist weder sachlich erforderlich noch ist sie im Rahmen der nationalen Umsetzung der Europäischen Betriebsräterichtlinie zwingend notwendig.

6. In § 38 EBRG sollte ein exemplarischer Katalog von Themen aufgenommen werden, die in Schulungen des Europäischen Betriebsrat behandelt werden können. Dieser muss insbesondere „Interkulturelle Kommunikation“, „Arbeitsbeziehungen in den Ländern der Europäischen Union“, „Umgang der Europäischen Betriebsrats-Mitglieder mit Managementinformationen“ und Sprachschulungen umfassen.

 

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