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10.09.2020

Rede: Arbeitsschutzkontrollgesetz für die Fleischindustrie

Wir begrüßen ausdrücklich das Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit für die Fleischindustrie. Das fordern wir schon lange. Es ist aber dennoch ein Armutszeugnis, dass das Arbeitsschutzkontrollgesetz erst jetzt – aufgrund der Corona-Pandemie – kommt. Denn die katastrophalen Arbeitsbedingungen und die systematische Ausbeutung in der Fleischindustrie sind schon lange bekannt. In habe an die Regierungsfraktionen appelliert, dass sie bis zur 2. Lesung standhaft bleiben sollen. Denn neue Schlupflöcher oder Grauzonen wären fatal. Deshalb sollen sie die Fleisch-Lobby einfach mal ins Leere laufen lassen!

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Die nächste Rednerin ist die Kollegin Beate Müller-Gemmeke von Bündnis 90/Die Grünen.

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!

Die katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sind schon lange bekannt. Die Bundesregierung hat das aber jahrelang ignoriert. Das Gesetz wird erst jetzt, aufgrund der Coronapandemie, auf den Weg gebracht. Das ist peinlich und ein Armutszeugnis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber natürlich unterstützen wir Grünen den Gesetzentwurf. Wir begrüßen ganz ausdrücklich das Verbot von Werkverträgen; das fordern wir auch in einem eigenen Antrag. Denn bei diesen Werkverträgen geht es eben nicht um Belastungsspitzen, es geht auch nicht um Vorprodukte oder spezialisierte Tätigkeiten. Dafür sind Werkverträge ja eigentlich gedacht. In der Fleischindustrie werden Werkverträge stattdessen im Kernbereich eingesetzt, also beim Schlachten, beim Zerlegen und in der Fleischverarbeitung. Das ist Missbrauch von Werkverträgen. Damit stehlen sich die großen Schlachthöfe aus der Verantwortung – beim Arbeitsschutz und auch beim Lohn. Und das darf es nicht mehr geben!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Und es ist auch richtig, dass es Leiharbeit im Kernbereich nicht mehr geben soll. Der Grund ist ganz einfach: Wenn Werkverträge verboten sind und Leiharbeit weiterhin erlaubt ist, dann werden die Werkvertragsfirmen ruck, zuck, ganz schnell zu Verleihfirmen. Aber genau das kann ja nicht unser Ziel sein. Die Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie sollen deutlich besser werden. Die Beschäftigten sollen direkt angestellt werden – als Voraussetzung für mehr Lohn, für Mitbestimmung und vor allem auch für guten Arbeits- und Gesundheitsschutz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des Abg. Michael Gerdes (SPD))

Wir begrüßen auch die Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung. Wer Mindestlöhne umgehen will, der manipuliert in der Regel die Arbeitszeit; das ist bekannt. Und das geht dann eben nicht mehr so einfach.

Kritik aber haben auch wir – wie Die Linke – bei den Regelungen zum Arbeitsschutz. Geplant ist eine Mindestbesichtigungsquote von jährlich 5 Prozent, aber erst im Jahr 2026, also in rund sechs Jahren. Das ist definitiv zu spät und für so eine schwierige Branche vor allem auch zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Sehr geehrte Regierungsfraktionen, insbesondere sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Union, bisher sind gesetzliche Maßnahmen für die Fleischindustrie immer am Einfluss der Fleischlobby gescheitert. – Das sind die Worte von NRW-Arbeitsminister Laumann, einem CDU-Mann. Es muss jetzt aber endlich Schluss sein mit dem undurchsichtigen Geflecht von Werkverträgen und mit der systematischen Ausbeutung, insbesondere von Migrantinnen und Migranten aus Osteuropa.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Deshalb appelliere ich heute an Sie: Bleiben Sie standhaft, weichen Sie das Gesetz nicht auf! Schaffen Sie keine Grauzonen und keine Schlupflöcher! Beschließen Sie das Gesetz, und zwar schnell und vor allem auch konsequent! Lassen Sie einfach mal die Fleischlobby ins Leere laufen!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Rede: Arbeitsschutzkontrollgesetz 1. Lesung