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10.04.2024

Ukraine #1: Durch den russischen Krieg entsteht unendliches Leid

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Meine zweite Reise in das Kriegsgebiet im Süden der Ukraine ging mir sehr unter die Haut. Erneut war ich mit der Hilfsorganisation „Ermstal hilft“ unterwegs – dieses Mal sieben Tage lang. Mir war es wichtig, zu verstehen, was der Krieg mit den Menschen macht und mit welchen Herausforderungen sie konfrontiert sind. Und das kann nicht nur mit dem Verstand erfasst werden, sondern es geht auch stark um Gefühle. Unterwegs wurde ich häufig als „mutig“ bezeichnet, weil ich in die Kriegsregionen Odessa und Mykolajiw gefahren bin. Aber nicht ich bin mutig, nein, die Menschen in der Ukraine sind extrem stark und couragiert. Sie leben jeden Tag mit den Gefahren des Krieges.

Die russischen Angriffe haben entlang der gesamten Frontlinie zugenommen. Allein in unserer letzten Nacht wurde die Ukraine von Russland mit insgesamt 99 Drohnen und Raketen beschossen. Konkret waren das 60 Shahed-Angriffsdrohnen, 21 Marschflugkörper, neun gelenkte Raketen, vier ballistische Iskander-Raketen und drei ballistische Kindschal-Raketen. 84 dieser Angriffe konnten von der ukrainischen Flugabwehr abgewehrt werden.

Das war jetzt eine rein technische Aufzählung. Doch dahinter verbergen sich Stunden und Nächte, die in Schutzbunkern oder Räumen verbracht werden müssen, die nach oben und nach allen Seiten durch mindestens zwei Wänden geschützt sind. Der Luftalarm ist dabei immer durch die Wände hindurch zu hören. Er dringt in die Gedanken ein. Er verunsichert, er verändert die Menschen. Auch wir mussten diese Erfahrung nachts und am Tag machen. Es ist das Wissen, dass eine Rakete einschlagen kann. Es ist die Sorge, ob der Schutzraum die Druckwellen abhalten kann. Es ist der ständige Blick auf das Handy, das uns mit Informationen versorgt. In Mykolajiw traf nicht weit entfernt von unserem Schutzraum eine Rakete ihr Ziel. Acht Menschen wurden dabei verletzt.

Die Vorstellung, dass die Menschen in der Ukraine das nicht nur sieben Tage lang, sondern seit über zwei Jahren aushalten müssen, ist unerträglich. Auch der Anblick eines Schutzraums mit – im Moment – vielen leeren Betten unter einer Klinik, war schwer zu ertragen. Den Schutzbunker einer Schule mit bunt bemalten Wänden werde ich nie vergessen, denn ich kann nur erahnen, was dieser Krieg mit den Kindern macht.

Ein besonders beeindruckender Moment auf meiner Reise, war eine Gedenkminute vor einer Gedenktafel in einem Park mit Musik. Als mir bewusst wurde, dass rund die Hälfte der Gefallenen jünger war als meine Söhne, kamen die Tränen. Das ist kaum zu ertragen, aber die Menschen der Ukraine müssen es aushalten.

Durch den russischen Angriffskrieg entsteht unendliches Leid. Und doch bieten die Menschen dem Krieg die Stirn. Trotz all der traumatischen Erlebnisse versuchen sie ein möglichst normales Leben zu führen. Sie geben nicht auf und lassen sich nicht unterkriegen. Sie kämpfen und bleiben dabei zuversichtlich, solidarisch und menschlich. Sie haben uns mit Offenheit, mit Wärme und unvorstellbarer Gastfreundschaft empfangen.

Die Stärke und Solidarität der Menschen haben mich zutiefst berührt. Wir müssen weiter eng an der Seite der Menschen in der Ukraine stehen und ihnen Kraft und Mut geben.

#StandWithUkraine

Fortsetzung folgt.

 

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