Inhalt

18.11.2020

Das Bevölkerungsschutzgesetz schafft mehr Rechtsstaatlichkeit

Heute haben wir Grünen – und auch ich – im Bundestag dem Dritten Bevölkerungsschutzgesetz zugestimmt. Mit diesem Gesetz wird die Bekämpfung der Corona-Pandemie demokratisch legitimiert und bekommt eine solide gesetzliche Grundlage. Entsprechende Maßnahmen müssen künftig gut begründet sein und sind grundsätzlich auf einen Monat befristet. Das ist gut so. Die Länder müssen künftig sehr genau begründen, warum sie einschränkende Maßnahmen verlängern wollen. Damit sind unsere Grundrechte besser geschützt. Meine persönliche Erklärung zur Abstimmung kann hier nachgelesen werden:

Mit dem Gesetz heute werden demokratische, rechtstaatliche Grundlagen für die Bekämpfung der Corona-Pandemie geschaffen. Ziel dieses Gesetzes ist es nicht, das Grundgesetz einzuschränken, sondern den Zweck, die Bedingungen und die zeitlich befristeten Grenzen von möglichen Eingriffen im Rahmen der Corona-Pandemie klar und transparent zu definieren.

Wir befinden uns gerade in der zweiten Welle der Corona-Pandemie. In vielen Regionen und Städten sind die Intensivstationen bereits zu 80 bis 90 Prozent ausgelastet. Wir müssen uns Sorgen machen, dass unser Gesundheitssystem kollabiert. Wir brauchen effektive Maßnahmen, um die Welle zu brechen. Vor allem aber brauchen wir einen rechtlichen Rahmen, damit diese notwendigen Maßnahmen auch vor Gericht Bestand haben. Deshalb fordern wir Grünen bereits seit Mai, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie demokratisch legitimiert werden und dass das Parlament stärker beteiligt wird. Wir haben einen Antrag dazu eingebracht und in den vergangenen Tagen in intensiven Verhandlungen den Gesetzentwurf der Regierung noch deutlich verbessern können.

Ich bin der festen Überzeugung, mit diesem dritten Bevölkerungsschutzgesetz haben wir bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie endlich mehr Rechtstaatlichkeit erreicht. Gleichzeitig ist mit diesem Gesetz weiterhin zügiges Reagieren auf das Infektionsgeschehen möglich. Immerhin befinden wir uns mitten in der Pandemie. Da gilt es, das Leben und die Gesundheit aller so gut wie möglich zu schützen. Und dafür brauchen wir ein funktionierendes Gesundheitssystem.

Folgende Änderungen haben wir Grünen bei diesem Gesetz durchgesetzt:

  • Versammlungen und religiöse Zusammenkünfte können nur noch unter erhöhten Voraussetzungen untersagt werden.
  • Gleiches gilt für Besuchsbeschränkungen in Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäuser. Besuchsbeschränkungen dürfen künftig nicht mehr zur Isolation von älteren oder kranken Menschen führen.
  • Kulturveranstaltungen werden künftig nicht mehr mit Freizeitveranstaltungen einfach gleichgesetzt, sondern haben einen höheren Stellenwert. Damit wird der besondere Verfassungsrang von Kunst und Kultur anerkannt.
  • Kontaktdaten dürfen nur zur Nachverfolgung von Infektionsketten verarbeitet werden.

Das heute verabschiedete Gesetz kann gleichzeitig nur ein erster Schritt sein. Es sind noch Fragen offen, die konkretisiert werden müssen. Im Gesetzentwurf ist beispielsweise der Zusammenhang zwischen Infektionsgeschehen und möglichen Maßnahmen nicht klar genug hergestellt. Besser wäre es, Risikostufen zu definieren und die Maßnahmen diesen zuzuordnen. Denn so könnten sich Bevölkerung und Unternehmen möglichst langfristig darauf einstellen, welche Maßnahmen, wann erlassen werden.

Wir sprechen uns außerdem auch seit langem für die Einrichtung eines interdisziplinär besetzten wissenschaftlichen Pandemierates aus, der mit Empfehlungen eine Strategie für die kommenden Monate und entwickeln hilft. Die Chance, ein solches Gremium nun einzurichten und gesetzlich zu implementieren, hat die Koalition bei diesem Gesetz leider nicht genutzt.

Weitere Argumente und Erläuterungen sind unten in meiner Persönlichen Erklärung nachzulesen.

Uns haben viele Protestbriefe zu diesem Gesetz erreicht. Und außerdem fanden heute sehr aggressive Proteste rund um die Gebäude des Bundestages statt. Und dass es im Bundestag Protestierende gab, die wohl von AfD-Abgeordneten in den Bundestag geschleust wurden und die dort Abgeordnete bedrängt oder gefilmt haben – das war widerlich und ganz sicher nicht demokratisch. Der größte Teil der Mails, die bei mir angekommen sind, waren Massenmails mit gleichem Inhalt. Es wurde behauptet, die Regierung habe hier ein neues Ermächtigungsgesetz geschaffen, das unsere Grundrechte aushebelt. Diese Gleichsetzung mit dem Ermächtigungsgesetz ist falsch! Heute ist nicht 1933. Das Bevölkerungsschutzgesetz gilt explizit dem Schutz unserer Bevölkerung in Zeiten einer weltweiten Pandemie. Wer glaubt, hier seien Grundlagen für eine Diktatur geschaffen, der sitzt einer Verschwörungstheorie auf. Denn wir leben heute im Jahr 2020 und unsere Demokratie ist stark.

Persönliche Erklärung