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24.03.2022

Podiumsdiskussion "Arbeitsmodell Amazon"

Die Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt und ver.di haben mich heute zu einer gemeinsamen Veranstaltung zur Flexibilisierung und Prekarisierung von Arbeitsverhältnissen, speziell auch bei Amazon eingeladen. Gemeinsam diskutierten wir, was Politik und Gewerkschaften prekären Arbeitsverhältnissen entgegen setzen können.

Unsere Arbeitswelt wird immer flexibler und dynamischer. Das klassische Normalarbeitsverhältnis scheint fast zur Besonderheit zu werden. Was für Einige Selbstverwirklichung verspricht, hat im Niedriglohnsektor dramatische Folgen:  eine Verschlechterung bei Arbeitsschutz, längere Arbeitszeiten, leichtere Kündigungen und kaum soziale Absicherung. Scheinselbstständigkeit ist insbesondere in der Paketzuliefererbranche zu einem Problem geworden. Und auch für Gewerkschaften und Betriebsräte wird es so schwieriger sich für die Belange von Arbeitnehmer*innen einzusetzen, in Zeiten von Befristungen, Honorarverträgen und Leiharbeit. 

Doch wie genau wirkt sich die Flexibilisierung auf die Arbeitsverhältnisse aus und wie ist die Lage der Beschäftigten in den Logistiklagern und in der Zulieferung? Und welche Perspektiven bietet der Arbeitskampf über den Kampf um einen Tarifvertrag hinaus?

Ein Konzern steht dabei wie kein anderer für prekäre Arbeitsbedingungen: der Online-Großhändler Amazon. Bereits seit mehr als acht Jahren kämpfen Beschäftigte für einen Tarifvertrag, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. Zwar organisieren sich immer mehr Mitarbeiter:innen erfolgreich. Zuletzt streikte ver.di im Verteilzentrum Leipzig am 8. März anlässlich des „Equal Pay Day“ und des Frauentags. Doch die Situation für die Beschäftigten bleibt schwierig. Dass Amazon sich seit Jahren hartnäckig einem Tarifvertrag verweigert, ist für mich absolut unverständlich – zumal Amazon zu den wenigen Gewinnern der Pandemie gehört.

In der Bundesregierung steuern wir beim Niedriglohnsektor mit verschiedenen Maßnahmen gegen. Vom Mindestlohn profitieren rund 9 Millionen Beschäftigte. Scheinselbstständigkeit ist nicht nur in der Paketbranche ein Problem. Deswegen wollen wir das Verfahren, mit dem Scheinselbstständigkeit festgestellt wird, reformieren. Kettenbefristungen werden wir begrenzen. Die Behinderung von Betriebsratsarbeit und –gründungen wird die Staatsanwaltschaft künftig automatisch und nicht mehr nur auf Antrag verfolgen. Und Gewerkschaften erhalten ein „digitales Zugangsrecht“ zum Betrieb. Verstöße gegen das Arbeitsrecht sollen konsequenter verfolgt werden, auch durch eine weitere Stärkung der Finanzkontrolle Schwarzarbeit.

Es bedarf natürlich weiterer Maßnahmen. Das Verbot von Subunternehmerketten und Werkverträgen hat in der Fleischindustrie bereits positive Wirkungen gezeigt. Das kann ein Modell auch für die Logistikbranche sein.

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